WTO soll die subventionierte Plünderung der Meere stoppen
Das Thema Hochseefischerei steht bei der WTO-Tagung auf der Agenda – Resultate sind kaum zu erwarten.

In keinem Bereich wird die Heuchelei der grossen Wirtschaftsnationen, die sich offiziell dem freien Handel verschrieben haben, deutlicher als bei der Hochseefischerei. Um ihren Fangflotten auch ohne Zölle für Fischimporte einen Wettbewerbsvorteil verschaffen zu können, gingen die führenden Industrienationen nach der Handelsliberalisierung vor mehr als zwei Jahrzehnten dazu über, ihren Flottenbesitzern Subventionen in Form von Steuererleichterungen oder verbilligtem Diesel zukommen zu lassen: Alle machen mit, ob es sich dabei um die USA, China, die Europäische Union, Russland oder Japan handelt.
Bis zu 35 Milliarden US-Dollar machen diese Staatsgeschenke jährlich aus: Sie ermöglichen es den Kapitänen der schwimmenden Fischfabriken, auch weite Strecken profitabel zu befahren, um in fischreichen, aber inzwischen gefährdeten Regionen vor allem vor Afrika oder gar illegal in den nationalen Schutzzonen afrikanischer Staaten zu wildern. «Erst durch die Treibstoffsubventionen rechnet es sich für die Flotten, den Fischen in jedem Winkel der Weltmeere nachzujagen», sagt Anna Holl-Buhl vom WWF: «Wer die Anfahrt selbst bezahlen muss, tut sich wesentlich schwerer, die Fischbestände auf hoher See oder vor der Küste weit entfernter Drittstaaten zu plündern.»
Küstenfischer in Entwicklungsländern klagen schon seit Jahren über einen drastischen Rückgang des Fischreichtums in ihren Fanggründen: Betroffen sind davon vor allem Kleinfischer an der westafrikanischen Atlantikküste. Obwohl in der Grossregion um den Golf von Guinea mit jährlich 2,9 Millionen Tonnen fast zwei Drittel aller Speisefische der Welt gefangen werden, bleibt für die dortigen Küstenfischer immer weniger übrig: Ihre Fangquoten gehen zurück, Afrikas Fischkonsum ist rückläufig – und das bei einem stark steigenden Bevölkerungswachstum.
Immer grössere Flotten
Weil die Möglichkeit afrikanischer Staaten begrenzt ist, illegal fischende Trawler aufzuspüren, dringen diese häufig auch in die nationalen Schutzzonen ein. Dass die Boote auch noch mit Subventionen versorgt werden, sei ungefähr so, wie wenn ein Staat Bankräubern die Fluchtfahrzeuge finanziere, meint die Umweltschutzorganisation Greenpeace.
Ebenfalls seit Jahren geloben die Industriestaaten, dem Wahnsinn ein Ende zu bereiten – passiert ist bislang nichts. Einer Studie der Europäischen Kommission zufolge zahlt China seinen 2900 Fangschiffen jährlich umgerechnet 6,5 Milliarden Franken an Subventionen, gefolgt von den USA mit rund 1,8 Milliarden, Südkorea (1,7 Milliarden) sowie Japan (1,4 Milliarden Franken).
Um die üppigen Hilfsgelder auszunützen, legen sich Flottenbesitzer immer mehr Schiffe zu und verschlimmern damit die Überfischung der Weltmeere weiter. Nach Angaben der Welternährungsorganisation (FAO) sind bereits ein Drittel aller Meeresbestände überfischt, weitere fast 60 Prozent sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt. «Es ist höchste Zeit, dass etwas passiert», sagt Remi Parmentier, Direktor der Öko-Beratungsfirma The Verda Group: «Auch die Glaubwürdigkeit der Welthandelsorganisation (WTO) steht auf dem Spiel.»
«Ziele für nachhaltige Entwicklung»
Das Thema steht bei der derzeitigen WTO-Ministertagung in Buenos Aires ganz oben auf der Tagesordnung: Schliesslich haben die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen bei der Verabschiedung der «Ziele für nachhaltige Entwicklung» vor zwei Jahren versprochen, die Fischereisubventionen bis zum Jahr 2020 gänzlich abzuschaffen.
Dass das tatsächlich geschieht, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn neben den USA suchen auch Südkorea, Indien und die Philippinen einen Bann der Subventionen zu verhindern – und die Ministerrunde der WTO ist bei Entscheidungen auf Konsens angewiesen. Zumindest sollten die Handelsminister eine Einschränkung der Subventionen beschliessen, fordert die Vorsitzende der Meeresschutzorganisation Mundus maris, Cornelia Nauen: dass wenigstens jene Schiffe von der staatlichen Förderung ausgeschlossen werden, die bei «illegaler, nicht regulierter oder nicht dokumentierter Fischerei» erwischt worden sind.
Kaum Fortschritte in Sicht
Doch nicht einmal diesem Vorschlag meinen einige Staaten wie Indien zustimmen zu können. Weswegen die WTO-Beamten schon froh wären, wenn bei der Ministerrunde in Argentinien wenigstens eine Fortsetzung der Gespräche vereinbart würde. Die Verhandlungsrunde ist bis Mittwoch angesetzt.
Auch in anderen Handelsfragen, wie etwa Abbau von Subventionen in der Landwirtschaft, erwarten Beobachter keine substanzielle Fortschritte. Grundsätzlich steht der Ansatz der WTO, in multilateralen Abkommen Handelshemmnisse abzubauen, zur Diskussion. Schon seit Jahren gibt es bei der 2001 gestarteten Doha-Runde kaum Fortschritte. Bundesrat Johann Schneider-Ammann warnte daher gar vor Beginn der Beratungen, dass das WTO-System «in Gefahr» sei.
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