Wundersame Geldvermehrung
Obwohl die Bevölkerung in Armut lebt, wird die Präsidententochter in Angola immer reicher. Sie ist nicht die Einzige: Die Nachkömmlinge der politischen Elite vieler afrikanischer Länder machen Millionengeschäfte.

Man stelle sich folgende Hochzeit vor: Das exquisite Essen bringt ein Charter aus dem feinschmeckerischen Frankreich. Der Chor für die musikalische Begleitung des Grossanlasses wird aus Belgien eingeflogen. Den 10'000 Gästen wird ein üppiges Gelage geboten. Die Kosten: 3,7 Millionen Franken. Die Braut: Isabel dos Santos, die älteste Tochter des angolanischen Präsidenten. Ihre extravagante Vermählung mit dem kongolesischen Millionärssohn Sindika Dokolo ist noch heute ein Klatschthema in der angolanischen Hauptstadt Luanda.
Doch die Berappung der prunkvollen Feier war ein Taschengeld für dos Santos; die Tochter der Russin Tatiana Cergueevna Regan und des Angolaners José Eduardo dos Santos ist schwerreich. Nachdem die 40-Jährige 2002 das Restaurant Miami Beach in der Metropole Luanda eröffnet hatte, stockte sie laut dem «Forbes»-Magazin in den letzten Jahren ihre Beteiligungen an angolanischen und portugiesischen Unternehmen kontinuierlich auf: Inzwischen ist sie mit 28,8 Prozent Hauptaktionärin des grössten portugiesischen Kabelfernsehanbieters ZON Multimedia. Zudem hält sie 19,5 Prozent der Anteile an der portugiesischen Bank BPI. In Angola gehören ihr jeweils 25 Prozent der Bank BIC und der Telefongesellschaft Unitel. Dieses finanzielle Imperium macht Isabel dos Santos zur ersten Milliardärin Afrikas.
Weniger als zwei Dollar pro Tag
Zum Vergleich: Die Ernährungs- und Gesundheitssituation der angolanischen Bevölkerung gilt als katastrophal. Nur rund 30 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zu medizinischer Versorgung, und nur 40 Prozent haben ausreichend reines Trinkwasser. Jährlich sterben Tausende Menschen an eigentlich leicht heilbaren Krankheiten wie Durchfallerkrankungen oder Atemwegsentzündungen. Die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren ist die zweithöchste der Welt – statistisch gesehen stirbt alle drei Minuten ein Kind in Angola. Etwa ein Drittel der Bevölkerung ist zudem teilweise oder vollständig von ausländischen Nahrungsmittelhilfen abhängig. Die meisten der 21 Millionen Angolaner leben von weniger als zwei Dollar pro Tag.
Gleichzeitig erlebte das rohstoffreiche Land nach dem Ende des Bürgerkriegs 2002 einen enormen Wirtschaftsboom, im Zuge dessen Angola zur drittgrössten Volkswirtschaft Afrikas nach Südafrika und Nigeria aufstieg. Dank Ölexporten – Angola ist nach Nigeria der zweitgrösste Ölproduzent Afrikas – und chinesischen Milliardenkrediten betrug das jährliche Wachstum zwischen 2004 und 2008 durchschnittlich 17 Prozent. Die Korruption ist jedoch allgegenwärtig. In den Erhebungen von Transparency International erscheint das Land regelmässig unter den weltweit korruptesten. Kurz: Angola ist ein Beispiel dafür, dass eine boomende Wirtschaft nicht zu einer Verbesserung der allgemeinen Lebensverhältnisse führen muss – der Ölboom hat die Gesellschaft in Gewinner und Verlierer des Geldsegens geteilt.
Keine Transparenz in Angola
Wer aber angesichts der Armut vieler Angolaner Isabel dos Santos' finanziellen Aufstieg in Verbindung mit dem Amt ihres Vaters bringt, den weist die studierte Ingenieurin und Unternehmerin zurecht. Als das die italienische Zeitung «La Stampa» in einem Porträt über sie machte, reichte sie gemäss «Welt online» eine Beschwerde ein: «Ich kontrolliere kein Kapital und noch weniger ein finanzielles Imperium, das dem Präsidenten gehört. Ein solches Imperium existiert nicht.»
Diese Behauptung hört sich einigermassen gewagt an, gibt es doch in Luanda kaum Geschäftsfelder, an denen der Dos-Santos-Clan nicht beteiligt wäre. Die Regierungspartei MPLA und der innere Kreis des Präsidenten hätten viele Geschäftsinteressen, wird Peter Lewis, Professor für Afrikastudien an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore, im Magazin «Forbes» zitiert. Die Mittelherkunft und die Unternehmensorganisation in dos Santos' Imperium seien sehr undurchsichtig. «Das zentrale Problem in Angola ist der Mangel an Transparenz», so Lewis weiter. Wenn man die Besitzverhältnisse in Angola betrachte, dann lese sich das wie ein Who is Who der Präsidentenfamilie und der Militärchefs.
Zöglinge streben Wirtschaftskarrieren an
Isabel dos Santos ist damit zwar das bekannteste Beispiel für den Nachwuchs afrikanischer Präsidenten, der mithilfe der Familienbeziehungen Karrieren in der Wirtschaft anstrebt, aber bei weitem nicht das einzige, wie «Welt online» aufzeigt:
- Südafrika: Die drei Ehefrauen von Präsident Jacob Zuma haben ihre eigenen Stiftungen eingerichtet – keine reichte jedoch einen Finanzbericht dazu ein, sodass die Zuwendungen unklar bleiben. Zumas Sohn Duduzane könnte zu einem der jüngsten Milliardäre Afrikas werden. Mit seiner Investmentfirma verdient er an einem Milliardengeschäft mit einer chinesischen Firma, die ein Bahnnetz für Hochgeschwindigkeitszüge bauen will. Er hat zudem Beteiligungen an Minenkonzernen.
- Moçambique:Valentina Guebuza, die Tochter des Präsidenten, ist mit 31 Jahren Aufsichtsratsvorsitzende von mehreren Firmen des Landes und tut sich mit Investitionen hervor.
- Äquatorialguinea:Teodorin Nguema Obiang Mangue, der Sohn des Alleinherrschers, verdient als Agrarminister zwar offiziell nur umgerechnet 3700 Franken im Monat, in seiner Garage stehen aber ein Bugatti Veyron 16.4 für 1,8 Millionen Franken und ein Maserati MC 12 (860'500 Franken). Die Kosten für seinen Lebensstil bewegten sich zeitweise in ähnlicher Höhe wie die Bildungsausgaben des ganzen Landes.
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