Zuckerberg wollte Instagrams Kundenstamm anzapfen
Das Instagram-Gründer-Duo fühlte sich zusehends vom Mutterkonzern übergangen. Mit ihrem Abgang stellen sie die Machtansprüche ihres ehemaligen Chefs infrage.

Mit ihrem überraschenden Abgang verschärfen die Gründer von Instagram nicht nur die Dauerkrise bei Facebook, noch mehr stellen sie die Machtansprüche von Mark Zuckerberg infrage. Der Rückzug von Kevin Systrom und Mike Krieger ist ein Schlag für den Konzern, war Instagram doch unter ihrer Führung schneller als das Mutterhaus gewachsen und konnte sich eine jüngere Generation von Nutzern sichern, die der Facebook-Plattform ablehnend gegenüberstehen. Ohne das Gründerduo könnte Instagram enger an Facebook gekoppelt und stärker kontrolliert werden, ähnlich wie das bei Whatsapp geschehen ist, deren Gründer ebenfalls aus Frustration mit Zuckerberg bereits im Frühling gegangen sind.
Systrom und Krieger verblüfften mit ihrer Kündigung offenbar auch Zuckerberg. Nachdem ihr Entscheid am Montagabend bekannt wurde, brauchte die Facebook-Spitze längere Zeit zum Reagieren. Zuckerberg lobte sie in einer knappen Mitteilung als «ausserordentliche Produkte-Leader» und fügte an, viel von ihnen gelernt zu haben. Mehr nicht.
Gegen Skandale immun
Zuckerberg hatte sich gemäss Insidern in den letzten Monaten zusehends ins Instagram-Geschäft eingemischt, und zwar mit der Absicht, die unabhängig produzierte Plattform stärker zu integrieren und deren Kundenstamm für das Mutterhaus anzuzapfen. Facebook hat seit langem Mühe, jüngere Nutzer zu gewinnen und das Wachstum zu beschleunigen. Während der Markt für das Mutterhaus mit weltweit 2,2 Milliarden Nutzer weitgehend ausgeschöpft ist, versprechen Instagram und Whatsapp mit jüngeren und kritischen Nutzern noch das beste Wachstum. Instagram gelang es, sich weitgehend gegen die Datenskandale und den politischen Backlash gegen Facebook abzuschirmen und das Vertrauen der Kunden zu behalten. Dies ging so weit, dass Instagram die eigenen Büros abseits der Konzernzentrale mit einer eigenen Bibliothek und einer eigenen Cafeteria von Blue Bottle beibehielt, wo Systrom neben Nestlé ein Investor ist.
Doch je mehr die Krise spürbar und Zuckerberg exponiert wurde, umso geringer wurde die Freiheit des Duos Systrom/Krieger. Meinungsverschiedenheiten über den Kurs und die Selbstständigkeit des Geschäfts hatten schon im April zu einem Eklat geführt, als Brian Acton und Jan Koum, die Gründer von Whatsapp, den Konzern im Zorn verliessen. Seither befürchteten Instagram-Angestellte, dass sich der Vorgang wiederholen könnte. Tatsächlich deutete Zuckerberg im Frühsommer seine Machtansprüche an, als er sagte, ohne das Mutterhaus wäre Instagram nie so stark gewachsen. Die Behauptung ist nicht zu beweisen. Systrom und Krieger sahen sie als unnötige Attacke und als Zurückstufung ihrer Leistung, wie dies auch ihrer indirekten Kritik an Zuckerberg hervorgeht: «Wir wollen nun einige Zeit freinehmen und unsere Neugierde und Kreativität von neuem entdecken», schrieben die beiden.
Eine Milliarde Nutzer
Nachdem Facebook die Foto- und Videoplattform 2012 gekauft hatte, konnten Systrom und Krieger ihr Unternehmen zunächst weitgehend unabhängig vom Kurs des Mutterhauses fahren. Vor sechs Jahren beschäftigte Instagram erst 13 Angestellte und zählte 30 Millionen Nutzer. Daraus sind mehr als 1000 Mitarbeiter und eine Milliarde Nutzer pro Monat geworden. Instagram ist neben dem Newsfeed von Facebook heute die grösste Einnahmequelle und dürfte in zwei Jahren 20 Milliarden Dollar oder ein Viertel zum Umsatz des Konzerns beitragen. Entsprechend schätzt Bloomberg Intelligence den Marktwert von Instagram auf 100 Milliarden Dollar. Vor sechs Jahren zahlte Zuckerberg für den Kauf eine Milliarde Dollar, was damals zwar völlig überteuert erschien, doch heute als seine beste Investition gelten kann.
Die Plattform dürfte nun von einem Zuckerberg-nahen Manager übernommen werden – wahrscheinlich von Adam Mosseri, der Anfang Jahr die Leitung des Newsfeeds von Facebook abgegeben und die Produkteentwicklung von Instagram übernommen hatte. Instagram hat kürzlich eine neue Videoapplikation gestartet und will so den Nutzern ermöglichen, längere Filme zu veröffentlichen. Fast zeitgleich wartete Facebook mit einer TV-ähnlichen Plattform auf, wo für mehrere Hundert Millionen Dollar eigene Sendungen produziert werden sollen.
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