Zürcher Eltern finanziell entlasten
Zwar stimmt der Kantonsrat hauchdünn dem dem neuen Kinder- und Jugendheimgesetz zu – verzögert dessen Einführung aber gleich.

Das neue Kinder- und Jugendheimgesetz ist unter Dach und Fach: Nach langen, teils ausufernden und zeitweise etwas unübersichtlichen Debatten zeichnet sich für die Schlussabstimmung in rund vier Wochen eine solide Mehrheit ab. Einzig die SVP wird Nein sagen.
Das neue Gesetz bringt einige zentrale Änderungen gegenüber heute. Die wichtigste betrifft die Beitragspflicht der Eltern. Sie hatten bisher eine sogenannte Versorgertaxe zu entrichten, wenn ihr Kind in ein Heim eingewiesen wurde. Diese konnte mehrere Hundert Franken pro Tag betragen – Kosten, die sich kaum eine Familie leisten konnte. In der Regel sprang deshalb die Wohngemeinde mittels Sozialhilfe ein. Die Eltern wurden damit faktisch Schuldner ihrer Gemeinde. Das war oft ein gewichtiger Grund, weshalb sich Eltern gegen eine vorübergehende Heimplatzierung sperrten.
Neu zahlen die Eltern nur noch Beiträge an die Verpflegung und die Nebenkosten. Gegen diese Änderung sperrte sich gestern nur die SVP: Sie verlangte, dass die Gemeinden künftig den Eltern einen individuellen Anteil an den Heimkosten verrechnen können sollten. «Wir wollen die Eigenverantwortung stärken», argumentierte Rochus Burtscher (Dietikon). Ein Antrag, den Monika Wicki (SP, Zürich) für «sachlich falsch» hielt und Hanspeter Hugentobler (EVP, Pfäffikon) gar für «skandalös». Denn: «Damit bestrafen wir Eltern, weil ihr Kind Heimpflege braucht.» Der Rat lehnte den Antrag der SVP mit 110:50 Stimmen ab.
Vor vier Wochen hatte der Rat im ersten Teil der Debatte bestimmt, wer künftig die Kosten für Heime, aber auch Pflegefamilien und Familienbegleitungen zahlt: Zu 40 Prozent der Kanton, zu 60 Prozent die Gemeinden. Verrechnet werden die Kosten nach Einwohnerzahl.
Lockerung für Kitas und Horte
Eine weitere wichtige Änderung betrifft Kindertagesstätten und Horte. Für sie lockerte der Kantonsrat gestern einige Vorschriften. Neu müssen erst Einrichtungen, die wöchentlich mehr als 25 Betreuungsstunden und sieben oder mehr Plätze anbieten, eine Bewilligung einholen. Bisher lag die Grenze bei sechs Plätzen und 20 Stunden.
Diese Lockerung bekämpften SP, Grüne und EVP. Diese Deregulierung schade dem Kindswohl, befanden die drei Fraktionen. Sabine Wettstein (FDP, Uster) war anderer Meinung: Es sei unbedingt nötig, die Bedingungen für Krippen zu lockern. Der Rat sah das ähnlich, er stimmte den geänderten Regeln mit 105:59 Stimmen zu.
Kein Gehör fanden im Kantonsrat die heilpädagogischen Früherzieherinnen. Sie fürchten um die Qualität ihres Angebots, weil der Anspruch auf Früherziehung künftig mit dem Eintritt in den Kindergarten endet. Bisher war dies erst mit dem Eintritt in die erste Klasse der Fall. Zudem soll der Kanton die Angebote der Finanzlage anpassen können. Mit diesen neuen Regeln verstosse der Kanton gegen die Vorgaben des sozialpädagogischen Konkordats, sagte Monika Wicki (SP, Rüti). Sie verlangte, die Kopplung an die Finanzlage ganz zu streichen und vorzuschreiben, dass die Früherziehung «in der Regel» beim Kindergarteneintritt ende. Erziehungsdirektorin Silvia Steiner (CVP) widersprach Wickis Darstellung: «Wir halten die Vorgaben des Konkordats auch künftig ein.» Die Ratsmehrheit sah das ähnlich: Die Anträge wurden mit deutlichen Mehrheiten bachab geschickt.
Bis all die Änderungen in Kraft treten, dürfte es noch dauern. Das hat der Rat sich selbst beziehungsweise dem einzigen Zufallsentscheid in der Debatte zu verdanken. Mit 88:87 Stimmen wurde ein Antrag der FDP genehmigt, wonach der Kantonsrat die Verordnung absegnen muss, mit der die Regierung die Umsetzung regelt. Inhaltlich darf sich der Kantonsrat dann zwar nicht mehr äussern – dennoch rechnet Erziehungsdirektorin Steiner damit, dass sich die Einführung des Gesetzes um mindestens ein bis anderthalb Jahre verzögert.
Und dann ist da noch die hochkant unterlegene SVP, die bis zur Schlussabstimmung überlegen will, ob sie das Referendum ergreift.
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