Zürcher Neonazi droht Freiheitsstrafe
Die Staatsanwaltschaft erhebt demnächst Anklage gegen einen vorbestraften Rechtsradikalen. Er soll in Wiedikon einen orthodoxen Juden attackiert haben.

Die Attacke im Juli 2015 hatte sogar die Zürcher Stadtpräsidentin aufgeschreckt. Eine rund 20-köpfige Gruppe Rechtsradikaler hatte in Wiedikon einen orthodoxen Juden angegriffen. Corine Mauch verurteilte die Attacke auf Facebook scharf. Nach einer Strafuntersuchung von über zwei Jahren wird demnächst Anklage gegen einen einschlägig bekannten 29-jährigen Neonazi erhoben. Die zuständige Staatsanwältin bestätigte vergangene Woche auf Anfrage, es habe mehrfach unvorhergesehene Verzögerungen gegeben, doch das Verfahren sei kurz vor dem Abschluss. Gestern berichtete nun die «NZZ am Sonntag», die Staatsanwaltschaft beantrage eine bedingte Freiheitsstrafe von sieben bis acht Monate wegen Verstosses gegen das Antirassismusgesetz, wegen Beschimpfung und Tätlichkeit.
Frontmann der Rockband Amok
Als Rädelsführer der Gruppe soll der heute 29-Jährige den orthodoxen Juden geschubst und ins Gesicht gespuckt haben. Dabei habe er «Heil Hitler» geschrien. Bei dem Neonazi handelt es sich um Kevin G.*, der als Frontmann der rechtsradikalen Rockband Amok bekannt ist. Im November vergangenen Jahres sagte er gegenüber dem «Tages-Anzeiger», er habe die Band «schon vor vielen Monaten verlassen» und mache «auch sonst keine Musik mehr». Er distanzierte sich zudem auch von mehreren Gewaltstraftaten, für die er rechtskräftig verurteilt ist. Diese seien «Jahre her» und müssten «nicht weiter diskutiert werden». Allerdings sind die Bewährungsfristen für die Urteile noch nicht abgelaufen, wie der Anwalt von Kevin G. gegenüber der «NZZ am Sonntag» sagt: Es drohe ihm deshalb eine Freiheitsstrafe von bis zu zweieinhalb Jahren, sagt der Verteidiger.
Das Vorstrafenregister des heute 29-Jährigen ist lang. Schon als Oberstufenschüler in Hombrechtikon, wo G. aufgewachsen ist, soll er einem Jungen das Schlüsselbein gebrochen haben. 2007 verurteilte ihn ein Glarner Richter zu einer bedingten Geldstrafe. Der Neonazi wollte in Glarus eine Demonstration der Juso angreifen. Dem Polizisten, der sich den Rechtsradikalen in den Weg stellte, verpasste Kevin G. einen Faustschlag. Zwei Jahre später verurteilte ihn die Luzerner Justiz zu einer unbedingten Geldstrafe wegen Texten, die er für die Band Amok gedichtet hatte. Kevin G. wurden Rassendiskriminierung, öffentliche Aufforderung zu Verbrechen und Gewalt zur Last gelegt. Ausserdem wurde er für das unsachgemässe Aufbewahren einer Gaspistole verurteilt.
2011 schlug er eine betrunkene Frau bewusstlos. 2012 prügelte er sich in Hombrechtikon erneut und schlug seinem Kontrahenten einen Zahn aus. Im Juni 2013 folgte die nächste Verurteilung. Das Kreisgericht See-Gaster in Uznach verurteilte G. und einen weiteren Rechtsradikalen wegen einer Prügelei in Jona. Sie hatten einen Betrunkenen vermöbelt. Das Opfer erlitt einen doppelten Nasenbeinbruch sowie Quetschungen an Stirn und Brustkorb. Nach diesem Urteil musste G. ins Gefängnis. 12 Monate einer Freiheitsstrafe von insgesamt 30 Monaten musste er absitzen.
Polterabend gefeiert
Der Vorfall in Wiedikon ist die letzte bekannte Straftat, die dem 29-Jährigen zur Last gelegt wird. Bei dem Angriff in Wiedikon feierte er mit seinen Kollegen einen Polterabend. Die Gruppe Rechtsradikaler soll T-Shirts mit dem Aufdruck einer Untergruppe des internationalen Neonazi-Netzwerks Blood and Honour getragen haben. Zu seiner eigenen politischen Weltanschauung schrieb der mehrfach einschlägig vorbestrafte Rechtsradikale dem «Tages-Anzeiger» in einer E-Mail: «Wenn es heute als rechtsradikal gilt, dass man sein Heimatland liebt und sich Sorgen betr. Masseneinwanderung, Asylpolitik und Ausländerkriminalität macht. Ja dann gelte ich in den Medien wohl als rechtsradikal.»
Ob der Beschuldigte geständig ist, ist unklar. Ein zweiter Neonazi der Gruppe hat gemäss «NZZ am Sonntag» gestanden, den 50-jährigen Juden beschimpft zu haben. Er soll mit einer Geldstrafe bestraft werden. Weiteren Beteiligten habe die Staatsanwaltschaft keine rassistische Tat nachweisen können, heisst es in dem Bericht.
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