Zürcher Stadtrat dämpft Hoffnungen für Sans-Papiers-ID
Entgegen der linken Mehrheit im Gemeinderat will die Stadtregierung keinen städtischen Ausweis für Papierlose.

Der Zürcher Stadtrat will sich beim Bund und Kanton für Menschen ohne Pass einsetzen. Die Stadtregierung möchte, dass sogenannte Sans-Papiers, unter transparenten Bedingungen regularisiert und in den geregelten Arbeitsmarkt integriert werden können. Dies teilte sie heute Mittwoch mit. Damit machte er aber auch deutlich, dass er sich nicht über geltendes Recht stellen kann. Polizisten und Stadtbehörden müssten Anzeige erstatten, wenn sie den Verdacht haben, eine Person könnte sich illegal in der Schweiz aufhalten. Und genau dies tun Sans-Papiers. Deshalb meiden sie die Behörden, erstatten keine Anzeige, wenn sie Opfer von Gewalttaten werden, oder fordern ihre Rechte gegenüber Arbeitgebern nicht ein, wenn sie ausgebeutet werden.
Der Verein «Züri City-Card» will diesem Problem entgegenwirken, indem allen Stadtbewohnern eine ID ausgestellt wird, mit der sie sich ausweisen können und Zugang zum Kulturangebot oder zu Bibliotheken erhalten. Der Aufenthaltsstatus soll darauf nicht festgehalten werden. So könnten sich auch Sans-Papiers ausweisen, ohne fürchten zu müssen, ausgeschafft zu werden. Diese Hoffnung bezeichnet der Stadtrat allerdings als fraglich. Er hat Anfang 2017 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche diese Fragen prüfen sollte. Nun kommt der Stadtrat zum Schluss: «Die Sans-Papiers könnten sich in einer falschen Sicherheit wiegen.»
Konkrete Massnahmen
Stattdessen möchte der Stadtrat die Stellung der Sans-Papiers stärken. Einerseits mit einem Positionspapier, in dem er festhält, dass er Sans-Papiers als Teil der Gesellschaft mit entsprechenden Rechten und Pflichten anerkennt. Zudem kündete er auch konkrete Massnahmen an: Er will regelmässig überprüfen, wie Sans-Papiers Zugang zu städtischen Leistungen erhalten können. Er prüft, wie die Gesundheitsversorgung von Nicht-Krankenversicherten verbessert und abgesichert werden kann. Und er will Sans-Papiers Möglichkeiten bieten, über die obligatorische Schule hinaus – deren Zugang ist auch Sans-Papiers gesichert – einen Bildungsabschluss zu erwerben. Weiter will er die Praxis anpassen, dass der Aufenthaltsstatus bei der Feststellung der Identität nicht immer überprüft werden muss.
Mit diesen Massnahmen geht der Stadtrat auch auf Vorstösse ein, die in den vergangenen Jahren im Gemeinderat eingereicht worden sind.
85 Prozent sind erwerbstätig
Wie viele Sans-Papiers es in Zürich gibt, ist unklar. Eine vom Staatssekretariat für Migration (SEM) in Auftrag gegebene Studie von 2015 geht von über 14'000 Sans-Papiers in Zürich aus. 85 Prozent von ihnen sind erwerbstätig. Die Hälfte von ihnen arbeitet schwarz oder grau in Privathaushalten, in der Reinigung, im Baugewerbe oder in der Gastronomie. Ihre Arbeitsbedingungen sind in vielen Fällen prekär. Sie erhalten Niedriglöhne, und es kommt zu Übergriffen.
Rund 40 Prozent aller Schweizer Sans-Papiers stammen laut der SEM-Studie aus Zentral- und Südamerika. Ein Viertel sind Europäer aus Nicht-EU-Ländern, und der Rest stammt aus Afrika und Asien.
Kanton Zürich sieht keinen Handlungsbedarf
Deutlich weiter bezüglich der Regularisierung von Sans-Papiers ist der Kanton Genf. Noch bis Ende Jahr läuft da die sogenannte «Operation Papyrus». Dabei handelt es sich um ein Pilotprojekt, das vom Bund genehmigt worden ist. Sans-Papiers-Familien mit Kindern, die schon seit mindestens fünf Jahren in Genf wohnen, finanziell unabhängig sind und keine kriminelle Vergangenheit aufweisen, können sich da legalisieren lassen. Für alleinstehende Sans-Papiers gelten die gleichen Regeln, nur dass sie nicht fünf, sondern zehn Jahre in Genf leben müssen. Bis Ende vergangenen Januar hatte der Kanton über 1000 Personen bereits eine B-Bewilligung ausgestellt.
Der Kanton Zürich seinerseits sah zuletzt keinen entsprechenden Handlungsbedarf, wie er in mehreren Regierungsratsbeschlüssen festhielt. Obwohl der Bund die Anzahl aller Sans-Papiers im Kanton inklusive der Stadt Zürich auf 28'000 schätzt, ist der Regierungsrat überzeugt: Die Zahl soll sehr viel kleiner sein. Ob daran die Haltung der Stadt Zürich etwas ändert, ist noch unklar.
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