Städtische WohnungenZürich verschenkt Tausenden Mietern Mobility-Abos
Wer in einer Liegenschaft der Stadt wohnt, bekommt kostenlos ein Jahresabo fürs Carsharing-Angebot. Damit die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft erreicht werden.

Es ist eine gute Nachricht, die die städtischen Mieter an diesem Donnerstag erreicht: Die Stadt Zürich schenkt ihnen ein Mobility-Abo. Dies gab sie am Donnerstag in einer Medienmitteilung bekannt. Dort steht: «Ab März 2021 können Personen, die in einer der rund 9200 städtischen Wohnungen leben und einen Fahrausweis Kategorie B besitzen, kostenlos ein Jahresabonnement des Carsharing-Unternehmens Mobility beziehen.» Für die gefahrenen Kilometer und Stunden müssen die Mieterinnen und Mieter allerdings selbst aufkommen.
«An diesem Projekt studieren wir schon eine Zeit rum», sagt Kuno Gurtner, Stabsmitarbeiter der Liegenschaftsverwaltung. Das kostenlose Mobility-Abo ist Teil der städtischen Mobilitätsstrategie. Die Stimmberechtigten der Stadt hätten die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft in die Gemeindeordnung geschrieben, diese gelte es nun umzusetzen.
Ein Mitarbeiter hatte irgendwann die Idee mit dem Abo. «Wir hoffen, dass dadurch weniger Leute ein eigenes Auto besitzen und dass Autos nur genutzt werden, wenn es wirklich notwendig ist», sagt Gurtner. «Auch wird so möglicherweise weniger Fläche für parkierte Autos verbraucht – Fläche, die in der Stadt ohnehin knapp ist.»
Steuerzahlerinnen bezahlen nichts
Dank einer Pauschale kostet die Kooperation die Stadt 12’000 Franken. Diese Mehrkosten würden laut Mitteilung nicht auf die Steuerzahler zurückfallen oder über die Mieten der städtischen Wohnungen kompensiert. Der Grund: Sie fallen «in einem geschlossenen Rechnungskreis» an.
Um zu verstehen, wie das möglich ist, muss man wissen, dass es in der Stadt sowohl offene wie auch geschlossene Rechnungskreise gibt. Bei einem offenen Rechnungskreis wird ein Überschuss an die Stadt abgegeben, ein Defizit von der Stadt gedeckt. Hier wird der Steuerzahler zur Kasse gebeten.
Geschlossene Rechnungskreise hingegen finanzieren sich selbst. Im Fall der städtischen Wohnungen geschieht dies über die Miete. Doch wie kann die Stadt 12’000 Franken ausgeben, ohne die Miete zu erhöhen? Laut Gurtner würden bei Einnahmen aus Wohnungsmieten von fast 128 Millionen Franken pro Jahr eine Pauschale von 12’000 Franken nicht ins Gewicht fallen. Deshalb hätte das auch keinen Einfluss auf die Mieten von 9200 Wohnungen.
Unfair? «Diese Kritik kann man anbringen»
Der Versuch soll zwei Jahre dauern und am Schluss mittels Fragebogen ausgewertet werden. Die Bewohner einer städtischen Wohnung können also zwei Mal ein Jahresabo beziehen. «Und dann schauen wir, ob wir das so weiterführen möchten», sagt Gurtner.
Dass einige Stadtzürcherinnen und Zürcher diese Bevorteilung der sonst schon gut gestellten städtischen Mieter für unfair halten könnten, sieht auch Gurtner ein. Er sagt: «Diese Kritik kann man anbringen. Vielleicht strahlt die Wirkung des Projektes ja auch auf private Vermieter.»
Sascha Britsko arbeitet seit 2021 im Ressort Zürich Politik & Wirtschaft des «Tages-Anzeiger». Sie hat Journalismus und Organisationskommunikation an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften studiert.
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