Forever young – und das mit 69
Als Pad Hazel zum ersten Mal eine Single der Rolling Stones auf den Plattenteller legte, war es um ihn geschehen.

Dass Teenager eine Band gründen, um den Mädchen zu imponieren, ist normal. Auch Pedro Hasler tat das. Das war in den 60er-Jahren, als die Beatles, die Rolling Stones, The Who oder Jimi Hendrix die Rockwelt beherrschten. Jetzt hat Pedro Hasler, Künstlername Pad Hazel, erneut eine Band gegründet, diesmal im reifen AHV-Alter. Es geht ihm auch nicht mehr darum, Frauen zu beeindrucken, es geht ihm darum, seinen Traum zu verwirklichen. «Nichts in meinem Leben hat eine so wichtige Rolle gespielt wie die Rockmusik.»
Ist Hasler einer der Sex-and-Drugs-and-Rock-'n'-Roll-Alt-68er, die im Pensionsalter noch ihren Rebellionsdrang zur Schau stellen müssen? Das Leben des im liechtensteinischen Schaan aufgewachsenen Haslers verlief ziemlich unspektakulär. Bürgerliches katholisches Elternhaus, Gymnasium, Studium an der HSG, Abschluss an der Uni in Basel. Danach verdiente er sein Geld als Berufsschullehrer und später als selbstständiger Leiter von Fortbildungskursen für Lehrpersonen.
Die solide Mittelstandskarriere hat Haslers Leben Stabilität verliehen. Als pensionierter Lehrer hätte er sich ausruhen können. Doch anstatt in Prospekten für Kreuzfahrten zu blättern, sah er sich in den Rockmusikshops um. Er wollte nochmals als Singer-Songwriter durchstarten, mit eigener CD und Auftritten. Ein Album hat er bereits vorzuweisen: Zwölf Eigenkompositionen, erschienen 2016. Einmal ist er bereits mit seiner Band im Volkshaus aufgetreten. Am Sonntag geht der zweite Gig über die Bühne. Erneut will Pad Hazel mit seiner Band den Saal füllen.
Was treibt ihn an?
All das ist mit grossem Aufwand verbunden und nicht ganz billig. Was also treibt Hasler an? Als er nach seiner Pensionierung gefragt wurde, was er vor seinem Tod noch erleben wolle, fiel ihm zunächst nichts ein. Die Frage liess ihn aber nicht mehr los, die Antwort kam über Nacht: Ich habe in meinem Leben zu wenig Musik gemacht. Er kaufte sich eine neue Gitarre, begann zu texten und zu komponieren.
Video: Pad Hazel spielt im Volkshaus im Juni 2017
Das Resultat ist die CD «Till I Found You». Die Einflüsse von Talking Heads sind unüberhörbar. Hasler hat die Kultband Ende der 70er-Jahre bei einem Aufenthalt in New York kennen und lieben gelernt. Er singt, wovon Rockmusiker singen – von der Liebe, den Frauen, der Einsamkeit der Männer und dem Sinn des Lebens –, doch das ist nebensächlich. «Die Texte sind nicht so wichtig», sagt er. «Dafür klingt meine Stimme wie ein Instrument.» Selbstbewusst fügt er hinzu: «Ich habe die Rockmusik im Blut, und ich kann Menschen begeistern.»
Leute begeistern, das konnte Hasler schon immer. Das hat mit seinem Charme und seinem einnehmenden Lachen zu tun, seinen blauen Augen und seinen kurzen grauen Haaren, die früher einmal pechschwarz und lang waren. Seine Berufsschülerinnen nannten ihn deshalb nur Winnetou.
Die Haare müssen weg!
Hasler ist konservativ erzogen worden. «Wir hatten stets Gott, den Fürsten und das Vaterland vor Augen», erzählt er. In der Musik konnten er und seine Geschwister – vier Brüder und eine Schwester – sich austoben. Sonst bestimmte die Enge des Dorfes ihr Leben. Das galt auch für die Haarlänge. Als der 17-jährige Pad von einem Sommeraufenthalt aus Skandinavien nach Hause zurückkam, schickte ihn sein Vater als Erstes zum Coiffeur; und er schickte ihn gleich noch ein zweites Mal. Man wolle sich doch nicht vor den Nachbarn schämen!
Lange Haare waren in den 60er-Jahren Ausdruck des Protestes gegen die spiessige Gesellschaft. Noch mehr traf dies für die Rockmusik zu. Sie wurde als «Negergeschrei» verspottet und fand im Programm von Schweizer Radio nicht statt. Wie alle Teenager wich auch Hasler auf Radio Luxembourg aus. Als er zum ersten Mal eine Single der Rolling Stones auf den Plattenteller legte, war es um ihn geschehen. Das Rockvirus hatte ihn gepackt – und bis heute nicht losgelassen. So begann Haslers musikalische Karriere zunächst als Sänger von The Chayns. Man probte in einem mit Eierkartons dürftig gedämpften Keller und versuchte, die Hits der Idole aus Grossbritannien und den USA nachzuahmen. Höhepunkt der kurzen, aber erfolgreichen Karriere von The Chayns war ein Besuch der damaligen Fürstin Liechtensteins im Proberaum. Sie engagierte die Band für eine Party auf Schloss Vaduz, zu der sich die Crème de la Crème des europäischen Königadels einfand. «Das war die Krönung der Band», sagt Hasler und lacht.
Das New York der Ostschweiz
Die HSG mag nicht Berkeley sein, und die Ostschweiz nicht Kalifornien, aber für den 20-jährigen Hasler war der Beginn seines Wirtschaftsstudiums eine grosse Befreiung. Nach Schaan erschien ihm St. Gallen wie eine Metropole. «Die Stadt war für mich wie New York, als ich New York noch nicht kannte.» Sein Studium beendete er in Basel. Er wollte weder Manager noch Banker werden. Hasler wurde Berufsschullehrer und hat es nie bereut. «Ich liebte meinen Job, weil er mir so viel Freiheiten liess.»
Pad verlegte sich zunehmend aufs Plattenauflegen. Inzwischen lebte er in Zürich und machte sich als DJ einen Namen. Dabei erweiterte er seinen musikalischen Horizont mit den Beats von House und Electro – in zahlreichen Zürcher Clubs. Das urbane Leben jedoch hatte seinen Reiz verloren. Pad lebt heute mit seiner Freundin in einem Weiler im Säuliamt. Wer dort eintritt, dem wird klar, dass Hasler regelmässig nach Indien reist. Der Duft von Raucherstäbchen empfängt einen, an den Wänden hängen Bilder aus diesem Land, und am Boden steht ein grosser Buddhakopf.
Die Karriere des Altrockers nimmt wieder Fahrt auf. Nach CD und Auftritt im Volkshaus will er im nächsten Jahr mit seiner Band Pad Hazel an Open Airs auftreten. «Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als im Freien vor sehr vielen Leuten meine Songs zu spielen.» Seine Sorgen sind ein bisschen altersbedingt: die Texte nicht vergessen.
Konzert Pad Hazel, Volkshaus, So, 19. 11., 19 Uhr.
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