Bülach streitet darüber, wie viel sein Kulturzentrum kosten darf
Die Bülacher streiten über einen Jahresbeitrag von 116 000 Franken für das Kulturzentrum Guss. Es gibt Orte vergleichbarer Grösse, die grosszügiger sind.
Bülach - Die siebenjährige Geschichte des Guss 81-80 ist geprägt von Geldsorgen. Seit den Anfängen des Bülacher Kultur- und Begegnungszentrums wurde mit der Stadt wiederholt um Betriebsbeiträge gefeilscht. An Mitgliederversammlungen des Vereins Guss 81-80 spielten sich dramatische Szenen ab; verschiedentlich stand das Zentrum vor dem finanziellen Ruin und somit vor dem Aus. So auch jetzt: Verweigert das Bülacher Stimmvolk am 13. Juni dem Zentrum den höheren Betriebsbeitrag, steht seine Zukunft in den Sternen.
2002 übernahm die Stadt die Kosten für den Umbau der ehemaligen Arbeiterkantine der Firma Bülachguss in der Höhe von 640 000 Franken. Seither stellt sie dem Verein die Räumlichkeiten gratis zur Verfügung und kommt auch für den Unterhalt auf. Dies entspricht zurzeit jährlichen Leistungen von 88 000 Franken. Ab 2003 gewährte die Stadt dem Verein zudem 30 000 Franken jährlich für den Betrieb des Zentrums; 2004 war es das Doppelte. 2006 kam ein Darlehen von 100 000 Franken dazu, das nun zurückbezahlt werden soll.
Immer wieder musste der Verein bei der Stadt die hohle Hand machen. Kein Wunder, dass sich das Guss bei manchen Bülachern das Image einhandelte, finanziell ein Fass ohne Boden zu sein. Doch wie anspruchsvoll ist das Zentrum im ehemaligen Fabrikgebäude wirklich?
Viel Gegenwind in Bülach
Im Kanton Zürich leisten sich nicht alle Städte von ähnlicher Grösse ein eigentliches Kulturzentrum. Viele Veranstalter müssen sich mit Sälen in Schulhäusern, Kirchgemeindehäusern, Sportanlagen und Restaurants begnügen - so etwa in Kloten und Schlieren. Vergleiche mit Zentren in anderen Städten sind schwierig, weil die Ausrichtung und das Angebot sehr unterschiedlich sind.
So erhält die Obere Mühle Dübendorf von der Stadt jährlich 250 000 Franken - mehr als doppelt so viel, wie das Guss erhalten soll. Zudem stellt die Stadt dem Trägerverein die Räume gratis und «warm» zur Verfügung. Mit 24 000 Einwohnern ist Dübendorf jedoch etwas grösser als Bülach, und die Obere Mühle richtet sich stärker auf Theater, Kunst und kulturelle Veranstaltungen aus. «Ich spüre hier Wohlwollen vonseiten der Behörden», sagt Zentrumsleiter Rolf Hiltebrand. Der Bachenbülacher war bis 2007 Zentrumsleiter im Guss und als Initiant von Anfang an dabei: «Das Guss war ein Jugendtraum von mir.» Er habe jedoch sehr viel Gegenwind zu spüren bekommen, und immer wieder hätten gewisse Politiker versucht, das Guss in die linke Ecke zu stellen. Dabei ist Hiltebrand überzeugt: «Das Guss ist ein günstiges Zentrum.»
Auch Regensdorf - mit 16 500 Einwohnern fast gleich gross wie Bülach - gibt für sein Gemeinschaftszentrum Roos jährlich 320 000 Franken aus - für Betrieb und Liegenschaft. Das Zentrum ist jedoch mehr auf Begegnung, Bildungsangebote, Kinder und Familien ausgerichtet. Abendveranstaltungen wie Konzerte oder Theater gibt es nur wenige. Zudem werden mit dem Geld auch die im Zentrum untergebrachte Bibliothek und die Ludothek betrieben.
Tief in den Geldbeutel greifen
Horgen mit 18 500 Einwohnern wendet für Jugendarbeit und Kultur jährlich ein Steuerprozent auf. In guten Jahren sind das gegen 580 000 Franken. Ein guter Teil davon kommt auch der Kulturfabrik «see la vie» zugute, die sich an ein Publikum bis 35 Jahre richtet.
Fast ganz auf öffentliche Gelder verzichtet die «Kulti Wetzikon», die dieses Jahr ihr 30-Jahr-Jubiläum feiern kann. Das ehemalige Giessereigebäude gehört der Stiftung Kulturfabrik Wetzikon. Ein reichhaltiges Programm anzubieten ohne öffentliche Unterstützung sei nur dank grossem ehrenamtlichem Engagement möglich, sagt Rahel Pfister, Präsidentin des Trägervereins. «Dahinter steckt ein starker Autonomiewunsch.»
Ohne finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand kommt auch die «Kulturschachtle Adliswil» aus. Die Stadt im Sihltal mit 16 000 Einwohnern stellt dem Kultur- und Begegnungzentrum jedoch die geheizten Räume gratis zur Verfügung.
Höherer Beitrag fiel durch
In der neuen Leistungsvereinbarung zwischen der Stadt Bülach und dem Verein Guss 81-80, über die nun abgestimmt wird, ist ein jährlicher Betriebsbeitrag von 116 000 Franken vorgesehen. Das ist weniger, als die Stadt dem Zentrum vor drei Jahren zukommen lassen wollte: 2007 fiel eine Erhöhung des Betriebsbeitrags auf 150 000 Franken im Gemeinderat ganz knapp durch.
Seither steht das Kulturzentrum Guss trotz grosszügigen Spenden und grossem ehrenamtlichem Engagement finanziell permanent vor dem Abgrund. Das letzte Wort über seine Zukunft haben nun die Bülacher Stimmberechtigten am 13. Juni.
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