CVP-Nachwuchshoffnung läuft zur SVP über
Für die 38-jährige Kantonsrätin Susanne Brunner gab die Diskussion über das Minarettverbot den Ausschlag.
Zürich - Nach zwei Jahren im Kantonsrat, ihrem ersten politischen Amt von Bedeutung, wechselt Susanne Brunner überraschend aus der CVP in die SVP. Die Absolventin der Wirtschaftshochschule St. Gallen hat gestern ihren sofortigen Übertritt bekannt gegeben. Am Morgen nahm sie noch als Mitglied der CVP-Fraktion an der Kantonsratsdebatte teil. Schon am Nachmittag sass sie in der Fraktionssitzung der SVP. Brunner ist gleichzeitig als Vizepräsidentin der Stadtzürcher CVP zurückgetreten.
Brunners «konsequentes Eintreten für eine unabhängige Schweiz, für die direkte Demokratie und einen starken Föderalismus, für eine tiefe Steuerbelastung sowie gegen überbordende Regulierungen» hätten «zunehmend Spannungsfelder» zur CVP eröffnet, schreibt die SVP zum Übertritt. Das bestätigte gestern die 38-jährige Politikerin: Die Partei habe Prinzipien einer sparsamen Finanzpolitik zunehmend vernachlässigt und das Wachstum des Sozialstaats nicht konsequent genug gebremst. Vor allem aber: «In Frage der Volksrechte ist die CVP weit weniger konsequent als die SVP.»
So richtig bewusst geworden sei ihr die Bedeutung des Einsatzes für die Volksrechte nach der Abstimmung über die Anti-Minarett-Initiative. Sie persönlich habe zwar Nein gestimmt, sagt Brunner. «Das wuchtige Ja zum Minarettverbot und nachher die grosse Debatte über die Einschränkung der Volksrechte hat mich aber zum Nachdenken gebracht.» Die Volksrechte dürften nicht durch Vorprüfungen übermässig verwässert werden, findet die studierte Staatswissenschaftlerin.
Für Brunner kein Thema ist der politische Stil ihrer neuen Partei. Messerstecher-, Minarett- und andere Plakate aus der SVP-Werbeküche spielen für sie nur eine untergeordnete Rolle: «Für mich sind die Inhalte und die politischen Positionen wichtig, nicht die Art und Weise der Werbung.»
Überrumpelter Fraktionschef
Obwohl CVP-Fraktionspräsident Philipp Kuster gestern überrumpelt wurde, ist er über den Wechsel nicht völlig erstaunt. «Susanne Brunner hat am rechten Rand der Fraktion politisiert. Dabei hat sie liberale bis neoliberale Auffassungen vertreten.» Auch für Kuster steht fest, dass sich die CVP in den letzten Jahren verändert hat. Die heutige Bundesrätin Doris Leuthard habe als Parteipräsidentin das Profil der Mitte-partei geschärft. «Wir sind nicht mehr das uneingeschränkte Sammelbecken aller katholischen Politiker», sagt Kutter. Dabei seien die Positionen ganz links und ganz rechts in der Partei zurückgedrängt worden.
Brunner, die im ländlichen Kanton St. Gallen als Tochter von aktiven CVP-Mitgliedern aufwuchs, politisiert erst seit einigen Jahren in der Stadt Zürich. Vom Wechsel wenig überrascht ist darum CVP-Nationalrätin Kathy Riklin, die mit Brunner als Vorstandsmitglied der Kreispartei 7/8 zusammengearbeitet hat. «Sie hat nicht begriffen, dass sie mit ihrer gewerbefreundlichen Politik quer in der Landschaft liegt. Denn die meisten Geschäftsinhaber, die davon profitieren würden, wohnen gar nicht mehr in Zürich.
Nachgerückt, nicht gewählt
Brunner ist auf ihren Kantonsratssitz nicht gewählt worden, sondern nachgerückt. Bei den Wahlen 2007 erreichte ihr Vorgänger Thomas Kappeler rund 1200 Stimmen, sie machte 817 Stimmen, nur 25 Stimmen mehr als ihr nächster Verfolger auf der CVP-Liste, Gemeinderat Urs Rechsteiner. Der Aufforderung der Partei, den Sitz abzugeben, kommt Brunner dennoch nicht nach. «Ich bin nicht nur als CVP-Mitglied, sondern auch als Susanne Brunner in den Kantonsrat eingetreten. Das wissen die Wähler.»
Die SVP hiess den unerwarteten Neuzugang gestern «herzlich willkommen». Der Wechsel verändert die politischen Kräfteverhältnisse im Kantonsrat aber nicht nennenswert. Für tiefere Steuern: Susanne Brunner (neuerdings SVP). Foto: Thomas Burla
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