«Kämpft weiter, ich habs heiter»
Pfarrer Ernst Sieber nahm die Schwierigkeiten des Lebens mit Humor. So wusste er auch schon, was dereinst auf seinem Grabstein stehen soll.
Pfarrer Ernst Sieber – Theologe, Menschenfreund und Medienprofi. Mit 91 Jahren hat eines der grössten Herzen Zürichs aufgehört zu schlagen. Am Pfingstsamstag ist Pfarrer Sieber friedlich eingeschlafen. Er hinterlässt nicht nur seine Frau und acht Kinder, sondern der Stadt Zürich auch ein breit aufgestelltes Netz an Hilfswerken und darin viele Freunde – die Obdachlosen.
Sieber tat was er tat aus Überzeugung und er wusste seine Überzeugungen auch medial zu verbreiten. In den letzten Jahren sprach er immer öfter über das Sterben. Wie an Weihnachten 2016:
«Ich würde nicht ungern gehen. Aber der Chef will mich offenbar noch nicht zu sich holen.»
Im selben Interview äusserte er seine Entrüstung darüber, dass in der Schweiz im Jahr 2016 zu Weihnachten noch immer Obdachlose auf der Strasse schliefen. Auf die Frage, warum er helfe, sagte er:
«Weil die ersten Adressaten vom Reich Gottes die Armen sind. Auch die Reichen können dazugehören, allerdings müssen sie mit den Armen teilen.»
Ein Jahr zuvor sagte er in einem Fernsehinterview:
«Ich gehöre zu der Gruppe Menschen, die das Denken tatsächlich brauchen»
Sieber vermochte es immer wieder auf charmante Art und Weise zu provozieren. Dabei verlor er nie seinen Humor. Auch nicht, wenn es um sein eigenes Ende ging. Mehrmals kündigte er an, was auf seinem Grabstein dereinst zu stehen habe.
«Ich freue mich aufs Ende. ‹Kämpft weiter, ich habs heiter›, wird drum auf meinem Grabstein stehen.»
Sieber war ein überzeugter Christ und Jesus-Fan. Toleranz und ein von der Religion getrennter Staat war ihm jedoch trotzdem wichtig.
«Ob Jude, Christ, Muslim oder Buddhist, nur die Liebe wird die Welt verändern.»
Nicht nur Obdachlose und Randständige lagen ihm am Herzen. Auch für Flüchtlinge setzte er sich ein. Während der Flüchtlingswelle 2015 sagte er mahnend:
«Wenn wir es in Europa nicht fertigbringen, die Asylfragen zu lösen, müssen wir nicht mehr länger von Bürger- und Menschenrechten reden.»
Die Ungleichheit in der Schweizer Gesellschaft war Sieber immer völlig unverständlich.
«Die Stärke unseres Staates wird am Wohl der Armen gemessen. Sapperlott, wenn das schon in der Bundesverfassung steht!»
Politisch blieb der frühere EVP-Nationalrat immer. Sieber warnte schon 2012 vor dem Neoliberalismus:
«Du kannst in einer Familie nicht leben, wenn du das Brot nicht teilst und du meinst, jeder Finger, den du rührst, müsse bezahlt werden.»
Obdachlose nannte er Brüder und Schwestern. Menschenwürde war für Pfarrer Sieber das Wichtigste, und die wollte er allen geben. Eine Stärke half ihm dabei. 2014 beschrieb er sie so:
«Ich erkenne die Menschen – auch wenn es dunkel ist.»
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