Mit Drohkeule und Polizei gegen Sünder
Justizdirektor Martin Graf ruft die Gemeinden auf, an den Testkäufen festzuhalten. Fehlbare Betriebe lassen sich zur Rechenschaft ziehen – auch ohne Strafverfahren.
Alternative Sanktionen Von Stefan Häne Zürich – Justizdirektor Martin Graf ist enttäuscht über den Entscheid der Statthalter. «Wir müssen ihn aber akzeptieren», sagt er. Es gelte nun eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, damit fehlbare Betriebe künftig wieder in einem Strafverfahren belangt werden könnten. Anders als seine Partei, die Grünen, befürwortet Graf die Alkoholtestkäufe mit Jugendlichen. Den Gemeinden empfiehlt er deshalb, die Praxis fortzuführen. Ob mit oder ohne Bussen: «Die Testkäufe bewirken eine Sensibilisierung.» Die Zahl der schwarzen Schafe ist seit Einführung der Testkäufe in der Tat rückläufig, wie sich unter anderem in der Stadt Zürich zeigt. Als die städtische Suchtpräventionsstelle die Testkäufe vor zehn Jahren startete, kamen die unter 16-jährigen Jugendlichen in vier von fünf Betrieben an Alkohol oder Tabak heran. Heute foutieren sich deutlich weniger Betriebe um den Jugendschutz: Beim Alkohol ist es noch jeder vierte, beim Tabak jeder dritte. Dass sich Verkäufer und Servierpersonal korrekt verhalten, ist unter anderem eine Folge der Bussenandrohung, wie Roger Zahner sagt, Sprecher der Suchtpräventionsstelle. «Testkäufe ohne dieses Instrument verlieren den Grossteil ihrer Wirkung.» Die neue Bestimmung im kantonalen Gesundheitsgesetz, die Testkäufe erlaubt, verkomme zum Papiertiger, befürchtet Zahner.Die Stadt Zürich wünscht sich deshalb klare rechtliche Verhältnisse. «Wir sind an einem Entscheid des Bundesgerichts interessiert», sagt Reto Casanova, Sprecher des Polizeivorstehers Daniel Leupi (Grüne). Bussen wie bis anhin wird die Stadtpolizei nun nicht mehr verteilen. Die Betriebe müssen laut Casanova aber nach wie vor mit Sanktionen rechnen: Geben sie Jugendlichen bei einem Testkauf illegal Alkohol ab, stehen sie fortan unter Beobachtung der Polizei. Tun sie dies in der Folge auch bei Jugendlichen, die Kunden und keine Testkäufer sind, werden sie gebüsst. Patententzug, schwarze Liste Nebst vermehrten Polizeikontrollen haben die Gemeinden ein weiteres Mittel zur Hand: Sie können die Betriebe auf verwaltungsrechtlichem Weg belangen. Illnau-Effretikon etwa geht so vor. Der Betrieb erhält eine Verfügung, die den Verstoss gegen die Jugendschutzbestimmungen im Gastgewerbegesetz festhält. Bezahlen muss er den Aufwand der Kontrolle sowie die Schreibgebühr. Kosten: einige Hundert Franken. «Im Wiederholungsfall drohen wir an, das Patent zu entziehen», sagt Andreas Zanni von der Abteilung Sicherheit. Auf verhaltenes Echo stösst eine weitere alternative Sanktionsmöglichkeit: In besonders schweren Fällen, so schlägt der Zürcher Kantonalverband des Blauen Kreuzes vor, sollen Gemeinden schwarze Listen einführen und die Namen der Wiederholungstäter veröffentlichen können. Martin Büchi, zuständig für die Testkäufe in Urdorf, hält dieses Mittel für übertrieben. «Bussen auszusprechen, muss als Sanktion grundsätzlich genügen.» In der Regel erreiche bereits eine Verwarnung die gewünschte Wirkung.
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