Der Richter, der auch mit 67 noch nicht genug hat
2015 hatte er den Rat provoziert, nun will der ehemalige Präsident des Verwaltungsgerichts eine Sonderregelung.

Er ist der Richter, der den Kantonsrat einst mit der Moralkeule erpressen wollte. Mit vor Erregung bebender Stimme wehrte er sich gegen eine Einsparung von 190'000 Franken bei «seinem» Gericht. Verwaltungsgerichtspräsident Jso Schumacher bot in der Budgetdebatte 2015 an, den von der rechten Mehrheit beschlossenen Sparbetrag aus eigenem Sack zu bezahlen. Was er dann doch nicht durfte. Schumacher, Parteimitglied der Grünen, führte sich im Parlament auf wie einer, der von diesem Rat nie mehr gewählt werden will.
Die ungeschriebene Ratsregel passt dem Richter nicht
So tönte das damals. Doch am nächsten Montag möchte Jso Schumacher, der 67 wird, vom Kantonsrat nochmals als Richter gewählt werden, für sechs Jahre. Die ungeschriebene Ratsregel passt ihm nicht: Richter werden nur gewählt, wenn sie beim Amtsantritt am 1. Juli noch nicht 65 sind. Markus Bischoff (AL), der als Präsident der interfraktionellen Kommission die Wahlen vorbereitet, bestätigt, dass Schumacher die Richterwahl mit einer Beschwerde beim Bundesgericht aufschieben will. Seine Argumente seien Rechtsverweigerung und Diskriminierung, Schumacher gibt keine Auskunft. Bis heute ist vom Bundesgericht keine Anweisung eingetroffen, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen. Die Grünen haben für ihre Richterstellen bereits eine andere Kandidatin nominiert. Und Schumacher hat in den letzten Jahren wenig getan, um sich im Kantonsrat Freunde zu schaffen.
EDU droht SVP
Noch kniffliger als die Richterwahlen ist das Gezerre um die Parteizugehörigkeit der Volketswiler Kantonsrätin Maria Rita Marty, die kurz nach den Wahlen im Frühling von der EDU zur SVP wechselte. EDU-Präsident Hans Egli bestätigte gestern seine Forderung: «Wir geben der SVP bis Ende Juni Zeit, Marty aus Partei und Fraktion auszuschliessen, sonst geht die EDU bei den Nationalratswahlen eine andere Listenverbindung als mit der SVP ein.» Die heisse Kartoffel liegt nun beim Volketswiler Parteipräsidenten und Kantonsrat Benjamin Fischer. Und der sagt: «Wir lassen uns von der EDU nicht erpressen.»
Die EDU ist die ideale Partei für eine Listenverbindung: Sie steuert zwei Prozent Wählerstimmen bei, schafft den eigenen Sitz jedoch selten. So ging – rein rechnerisch – die Wahl von Mauro Tuena 2015 grösstenteils aufs Konto der EDU. Die SVP Volketswil hat nun beschlossen, Martys Parteimitgliedschaft zu sistieren, über einen Ausschluss aber erst an der nächsten Mitgliederversammlung Mitte September zu befinden. Die Meldefrist für Listenverbindungen jedoch läuft am 26. August ab.
«Beim Wähler kommen Wahlbündnisse, die ein Jahrzehnt überdauert haben, besser an als Eifersüchteleien zwischen den Parteien»
Trotz Drohung bleibt der EDU höchstens eine Lumpensammlerliste. Es gibt keine Partei mehr, die der EDU ein knappes Prozent für einen Sitzgewinn beisteuert. Die FDP will alleine bleiben. Und in der Mitte führen GLP, CVP, EVP und BDP «wohlwollende Gespräche» für eine Listenverbindung wie schon 2015, sagt GLP-Co-Präsidentin Corina Gredig. Und im linken Lager verhandeln SP, Grüne und AL über eine Listenverbindung. «Eine Verbindung ist attraktiv und wichtig, um auch in Bern die Chance auf eine Mehrheit zu gewinnen», sagt SP-Co-Präsident Andreas Daurù.
Aber: Grüne und AL sind im Aufwind, die SP stagniert. Bei Listenverbindungen gewinnt in der Regel die grösste Partei das Restmandat, also die SP. Rein rechnerisch könnten die Grünen ohne SP besser fahren. Bei Grünen und AL gibts deshalb auch Stimmen für eine kleine Listenverbindung ohne SP. Wahlarithmetiker Ruedi Lais (SP) aber sagt: «Beim Wähler kommen Wahlbündnisse, die ein Jahrzehnt überdauert haben, besser an als Eifersüchteleien zwischen den Parteien aus der aktuellen Tagesform heraus.» Und nicht zuletzt hat der grüne Regierungsrat Martin Neukom seine Wahl auch der SP zu verdanken.
Sitz kracht zusammen
Einen schmerzlichen Sitzverlust hat gestern die FDP erlitten. Der Stäfner Kantonsrat Peter Vollenweider wechselte zwar nicht die Partei, er krachte vielmehr zu Boden und trug seinen hölzernen, gut 80 Jahre alten Sitz aus dem Saal zur Reparatur. Sitznachbar Thomas Vogel betonte: «Ich habe weder an seinem Sitz gesägt – noch bin ich selber draufgesessen.»
Peter Vollenweider trägt seinen kaputten Sitz aus dem Kantonsrat.
Seinen Rücktritt aus dem Kantonsrat eingereicht hat der vorletzte Woche als SVP-Nationalrat vereidigte Martin Haab. In Bern hat er bereits eine ungeschriebene Regel gebrochen: im ersten Jahr still zu sitzen. Der Grossbauer mit 80 Kühen äusserte sich gleich zu Beginn der Session kompetent gegen ein Zitzenverklebungsverbot bei Viehschauen – und gewann die Abstimmung.
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