Fettes Basler Kompliment: «Sechseläuten, das ist Welttheater»
Sogar groovig fanden sie es – wie die Gäste vom Rheinknie dem Zürcher Fest ihren Stempel aufdrückten.

Wenn Engel reisen – oder Basler Bebbi nach Zürich kommen – dann werden Hagelwolken und Gewitterstürme vertrieben. «Genial» sei der Zuschaueraufmarsch am gestrigen Zug der Zünfte gewesen, sagt Mediensprecher Victor Rosser. 5000 Teilnehmer marschierten oder ritten hoch zu Pferd zum Sechseläutenplatz. 50 000 Zuschauer am Strassenrand und nochmals fast 50 000 rund um den Böögg, schätzt Rosser. Für den Umzug gibts eine Faustregel, samt Bonusformel für Männer: Wer am meisten Blumen erhält, ist Liebling der Massen. So musste FCB-Fussballlegende Karli Odermatt seine Sträusse schon bald im Leiterwägeli abladen. Eine Bemerkung konnte er sich nicht verkneifen: «An der Bahnhofstrasse hats viel mehr Zuschauer als im Letzigrund, dieser war zu unseren Zeiten immer voll.»
Video: Hier explodiert der Böögg im Schnelldurchlauf
Das wohl schönste Kompliment ans Sechseläuten machte die Basler Schauspielerin und Theaterleiterin Caroline Rasser, die Enkelin von «HD Läppli» Alfred Rasser. «Das ist eine wunderbare Bühne, das ist Welttheater.» Die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz nahm die Einladung der Gesellschaft zu Fraumünster an, fälschlicherweise immer wieder Frauenzunft genannt. Die Frauen durften diesmal mitten in den richtigen Zünften mitmarschieren. «Ich bin in der Politik häufig in der Minderheit, deshalb fühle ich mich heute inmitten von Frauen besonders wohl», so Fetz. Ihr Zürcher Kollege, Ständerat Daniel Jositsch (SP), stellte bei seiner Rede in der Zunftstube zu Wollishofen eine pikante Forderung: «Wenn wir von der SP weiterhin derart zulegen, müssen sich die Zünfte bald anpassen und eine Frauenquote einführen.»
Ständerat Daniel Jositsch und Schauspielerin Caroline Rasser.
Die Liste der Ehrengäste liest sich immer wie ein Who is Who der Schweizer Wirtschafts- und Politprominenz. In Zahlen ausgedrückt: Zwei Bundesräte waren da, sechs Basler und sechs Zürcher Regierungsräte, vom Zürcher Stadtrat allerdings bloss Stadtpräsidentin Corine Mauch sowie Bald-Alt-Stadtrat Andres Türler als Mitglied der Zunft zum Weggen. Regierungsrat Mario Fehr witzelte deshalb: «Der Regierungsrat hat den Stadtrat mit 6:2 geschlagen.» Begründung: «Vielleicht sind die Regierungsräte in der Stadt beliebter – oder zumindest lustiger.»
Satiriker Andreas Thiel und Stadtpräsidentin Corine Mauch.
Die frechsten Sprüche fallen jeweils hinter den dichten Türen der Zunftstuben, wenn sich die Ehrengäste aufs Korn nehmen. Als Ehrengast der Zunft zur Schmiden gab sich Bundesrat Ignazio Cassis als «Schmied des Ausgleichs». Er habe das «hervorragend und sehr charmant» gemacht, attestierte ihm Schmidezünfter Christoph Mörgeli. Den Vogel abgeschossen hat aber scheints «Arena»-Moderator Jonas Projer. Er dürfe nur kurz reden, habe man ihm gesagt, «auf keinen Fall länger, als Cassis Mitglied bei Pro Tell gewesen sei». Bei der Weggenzunft war Bundesrat Guy Parmelin, ehemaliger Weinbauer, Ehrengast. Zunftmeister Christian A. Städeli hatte ihm zuerst Waadtländer Weissen kredenzt, doch dann musste Parmelin in den sauren Apfel beziehungsweise den roten Pinot-noir-Zunftwein beissen. Ständerat Ruedi Noser kalauerte: «Damit der Herr Bundesrat nicht noch mehr leiden muss, reden wir nun Hochdeutsch.» TV-Mann Beni Thurnheer erlaubte sich derweil nach dem Essen im Zunftsaal den Spruch: «Das Beste am Mittagsmahl war die Billag.»
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Bei den jüngeren Zuschauern war DJ Antoine, ein Baselbieter, beliebter als die Politiker. Das Pech des erfolgreichen House-DJ: Er musste direkt hinter der Grenadiermusik gehen, trug das aber mit Stil: «Ein super Sound, so richtig zum Grooven.» Die Basler Soulund Jazzsängerin Nubya durfte als Ehrengast der Zunft Höngg hinter dem Musikverein Zürich-Höngg hergehen. Sie tat dies elegant und beschwingt – und sagte: «Bis wir am See vorne sind, kann ich sogar mitsingen.» Als Ehrengast einmal mehr mit dabei war Satiriker Andreas Thiel, obschon er auf den Bühnen out ist. «Am Sechseläuten habe ich zwar mehr Erfolg, und das Trinken ist besser, bezahlt werde ich hier aber schlechter», so Thiel selbstironisch.
DJ Antoine groovte zum Sound der Zürcher Grenadiermusik.
(Tages-Anzeiger)
Erstellt: 17.04.2018, 07:15 Uhr
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