Umstrittenes Noser-Inserat: Regierung spricht sich selber frei
Im Zürcher Ständeratsrennen sorgte eine heikle Wahlwerbung für Aufregung. Die Juso reichte Stimmrechtsbeschwerde ein. Nun liegt ein erster Entscheid vor.

Das Inserat für Ständeratskandidat Ruedi Noser (FDP) sorgte für Wirbel: Jetzt hat der Regierungsrat über eine Stimmrechtsbeschwerde der Juso entschieden – er tritt nicht darauf ein, wie er heute Donnerstag mitteilt. Die Jungsozialisten monierten, das Wahlinserat für Noser erwecke den Eindruck, dass sich der Regierungsrat als Gremium für Noser einsetze. Auf der Werbung waren gleich fünf Regierungsräte und -rätinnen gemeinsam zu sehen. Auch die Grünen beschwerten sich lautstark.
Der Regierungsrat musste gleich selber über die Juso-Beschwerde befinden. Er begründet sein Nichteintreten folgendermassen: «Dass das Inserat keine offizielle Verlautbarung des Regierungsrates ist, ist ohne weiteres erkennbar.» Es werde weder das offizielle Logo noch die offizielle Schrift verwendet. «Für die Leserin und den Leser ist klar erkennbar, dass es um Wahlwerbung von fünf einzelnen Regierungsmitgliedern geht», so der Regierungsrat.

Damit fehle ein sogenanntes Anfechtungsobjekt, weswegen man nicht auf die Beschwerde eintrete. Zudem handelt es sich für den Regierungsrat nicht um eine Beschwerde, sondern nur um eine Einsprache, das sie sich gegen eine Handlung des Regierungrates richte. Da keine solche Handlung vorliege, werde nicht auf die Einsprache eingetreten, heisst es im Beschluss des Regierungsrates. Wie der Entscheid zustandekam, wollte Regierunssprecher Andreas Melchior nicht weiter kommentieren: «Das gehört zum Sitzungsgeheimnis». Klar ist allerdings, dass auch die fünf betroffenen Mitglieder am Nicht-Eintretens-Entscheid beteiligt gewesen sein müssen, denn ohne sie hätten nur noch die beiden restlichen Regierungsmitglieder, Martin Neukom (Grüne) und Jacqueline Fehr (SP), stimmen können. Doch sie sind ohne die anderen fünf allein nicht beschlussfähig.
Die Juso gehen vor Bundesgericht
Die Juso haben bereits entschieden, dass sie den Entscheid der Regierung nicht akzeptieren wollen und die Beschwerde ans Bundesgericht weiterziehen. Der Regierungsrat verkenne, dass der Auftritt von fünf Regierungsmitgliedern auch ohne Logo einen eindeutigen Eindruck erwecke und das Stimmvolk dadurch irregeführt werde, teilen die Jungsozialisten mit. «Es ist schade, dass die fünf Mitglieder des Regierungsrats offensichtlich nicht einsehen können, dass sie einen Fehler gemacht haben», lässt sich Anna Luna Frauchiger, Co-Präsidentin JUSO Stadt Zürich zitieren. Für Juso-Co-Präsidentin Nadia Kuhn ist klar, dass bei diesem Entscheid der Regierung «eine gewisse Befangenheit im Spiel war». Die Jungsozialisten verlangen, dass ihre Beschwerde von einer unabhängigen Instanz überprüft wird.
Die Grünen sprechen in einer Mitteilung von einem «eigenwilligen Rechtsverständnis», die der Regierungsrat an den Tag lege, er spreche sich selber frei. Sich nur schon für ein solches Inserat für eine der beiden Ständeratskandidierenden hinzugeben, lasse demokratisches Fingerspitzengefühl vermissen, schreiben die Grünen. Aber: «Dass nun die gleichen fünf Regierungsratsmitglieder am Entscheid über eine Stimmrechtsbeschwerde mitwirkten, die ihre eigene Handlung zum Thema hatte, ist doch sehr befremdlich.» Die Grünen erachten deshalb den Weiterzug der Stimmrechtsbeschwerde der Juso «für dringend nötig».
Auf den zweiten Ständeratswahlgang von kommendem Sonntag hätte die Stimmrechtsbeschwerde keinen Einfluss gehabt. Die Juso verlangte einzig vom Regierungsrat, Stellung zum Inserat zu beziehen und die genannten Ratsmitglieder, welche im Inserat erscheinen, zu rügen.

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