Ein Paukenschlag in Winterthur
Damit haben wohl nur wenige gerechnet: Die SP verdrängt die SVP aus dem Stadtrat.

Ihr ist eine grosse Überraschung geglückt: Christa Meier (46), SP-Gemeinderätin und Lehrerin, verdrängt Baustadtrat Josef Lisibach (51) aus seinem Amt. Der SVPler zitterte bis zur letzten Minute um seine Wiederwahl. Schliesslich fehlten ihm 1021 Stimmen. Lisibach versuchte seine Abwahl mit Fassung zu tragen. Er sagte gestern Abend im Winterthurer Wahlzentrum: «In einem politischen Amt gehört es zum Risiko, nicht mehr gewählt zu werden.» Das Wahlresultat traf ihn dennoch unerwartet: «Ich habe nicht damit gerechnet.» Sein Gesicht verriet die Enttäuschung. Neu setzt sich die Winterthurer Regierung zusammen aus: Yvonne Beutler (SP), Nicolas Galladé (SP), Christa Meier (SP), Jürg Altwegg (Grüne), Michael Künzle (CVP), Stefan Fritschi (FDP) und Barbara Günthard-Maier (FDP).
Das Stimmvolk hat Lisibach nach nur vier Jahren das Vertrauen wieder entzogen. Vielleicht, weil er als Stadtrat öffentlich wenig in Erscheinung getreten war. Er stand jedoch deutlich ein für eine bürgerliche Politik. So stellte er eine neue Parkplatzverordnung vor, in der er Unternehmen mehr Parkplätze erlauben wollte. Das dürfte ihn das Amt aber kaum gekostet haben. Viel eher lag es am bürgerlichen Zusammenschluss und am Wahlkampf. «Wir hätten engagierter sein müssen», sagte Daniel Oswald, SVP-Fraktionschef im Gemeinderat. Nun werde die SVP wieder in die Isolation abgedrängt.
Mitgefühl für Lisibach
Ausgerechnet eine Sozialdemokratin fühlte im Wahlzentrum mit Lisibach mit. Pearl Pedergnana, die vor vier Jahren von Lisibach aus dem Amt gedrängt worden war, sagte: «Es tut mir leid für ihn.» Aber sie freue sich natürlich sehr über den Ausgang der Wahl. Die SP ist denn auch die grosse Siegerin der Winterthurer Stadt- und Gemeinderatswahlen 2018: Sie gewinnt einen Sitz im Stadtrat, hält mit den Grünen zusammen wieder eine Mehrheit, und im Gemeinderat erobert sie drei zusätzliche Sitze. «Ich bin überwältigt», kommentierte SP-Co-Präsidentin und Nationalrätin Mattea Meyer das Resultat.
«Überglücklich» ist auch Christa Meier. Sie habe ihren Sieg den Themen zu verdanken, welche die SP im Wahlkampf setzen konnte. «Wir haben mit den Leuten darüber gesprochen, wie sich die Stadt weiterentwickeln soll.» Das habe offenbar Anklang gefunden. Meier ist kulturaffin, geht gerne ins Theater und hat sich vor einigen Jahren besonders gegen den Abbruch des Winterthurer Stadttheaters engagiert.
Künzle enttäuscht
Besonders bitter ist das Wahlresultat für den Stadtpräsidenten. Michael Künzle ist zwar in den Stadtrat gewählt worden, aber nicht als Präsident des Siebnergremiums. Er muss nun erneut um sein Amt kämpfen, der zweite Wahlgang findet am Sonntag, 15. April statt. Künzle dürfte dabei von der SP herausgefordert werden. Gestern wollte sich die Parteileitung zu dieser Frage zwar noch nicht äussern. Mattea Meyer sagte nur: «Sie werden von uns hören.»
Doch die Verlockung dürfte gross sein, das Stadtpräsidium noch einmal anzugreifen. Im Vergleich zu 2014 hat Künzle in der Wählergunst deutlich verloren. Damals erzielte er mit 20 420 Stimmen ein Glanzresultat, hatte allerdings auch keine Gegnerinnen. Gestern lag er mit 15 937 Stimmen auf dem fünften Platz des Stadtratrankings. Am gefährlichsten könnte Künzle Stadträtin Yvonne Beutler werden. Sie überflügelte gestern mit ihren 19 814 Stimmen alle Kandidatinnen und Kandidaten bei weitem. Würde sie einer Kandidatur zustimmen, hätte die SP eine intakte Chance, das Präsidium zu erobern.
Einmal plus, einmal minus drei
Rot-grün gewann gestern auch in den Parlamentswahlen. Die SP legte um drei Sitze auf 18 zu, die Grünen um einen auf sechs Sitze. Die SVP büsste hingegen drei Sitze ein und hat nur noch 10, die CVP sogar nur noch drei Sitze. Sozialdemokraten, Grüne, AL und EVP, halten zusammen exakt die Hälfte der Sitze.
Die GLP hat unverändert sieben Sitze, was für die Partei wohl ebenfalls ein wenig enttäuschend ist. Schliesslich hatte sie mit Annetta Steiner eine engagierte Stadtratskandidatin. Offenbar konnte diese jedoch zu wenig mobilisieren und hatte mit rund 9000 Stimmen auch keinerlei Chance auf einen Regierungssitz. GLP-Co-Präsident Beat Meier sagte im Lauf des gestrigen Nachmittags denn auch: «Wir hören von den Leuten oft, dass sie genug hätten vom Links-rechts-Denken. Ob sie jedoch verstanden haben, dass die GLP dafür die Alternative bietet, weiss ich nicht.»
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