Als in Zürich Monster im Wahlkampf umgingen
Hochfliegende Pläne, harte Abstimmungskämpfe, Gewinner und Verlierer. 125 Jahre Zürcher Politik in einer digitalen Zeitreise.
Das waren noch Zeiten, als in Zürich die Pläne für den Bau eines U-Bahn-Netzes für Gesprächsstoff sorgten. In den 1970er-Jahren war dies der Fall. Die Linie hätte von Dietikon über Schlieren, den Zürcher Hauptbahnhof, Oerlikon und Opfikon zum Flughafen Zürich geführt. Daraus wurde nichts. Das Projekt wurde im Herbst 1973 von den Stimmberechtigten des Kantons Zürich deutlich bachab geschickt.
Die U-Bahn als eines der brisanten politischen Themen vergangener Zeit lebt nun in einer Serie noch einmal auf. Einmal im Monat lädt die Stadt Zürich die Bevölkerung zu einer Reise durch die Zeit im Internet ein. Der zweite Teil widmet sich der Zürcher Politik.
Unter anderem sind dabei die Stadterweiterungen von 1893 und 1934 thematische Schwerpunkte. Obwohl die beiden Vorlagen von der Faktenlage her unbestritten waren, sorgten sich damals vor allem konservative Zürcher Kreise darüber, in einem «Gross-Zürich» ihre Heimat zu verlieren. Inserate und Flugblätter aus jener Zeit illustrieren die politische Debatte.
Gustav Gull baut neues Stadthaus
Nach der Stadterweiterung war schnell klar: Es braucht mehr Platz. Für die neuen zusammengelegten Ämter mussten mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angestellt werden. Die neue Stadtverwaltung brauchte ein neues Gebäude. Das erste Stadthaus baute Arnold Geiser an der Ecke Fraumünsterstrasse/Kappelergasse. Von 1898 bis 1900 erweiterte Stadtbaumeister Gustav Gull das Gebäude zum heutigen Stadthaus.
Stadthauserweiterung: So sah die Baustelle im Jahr 1899 aus. (Foto: Baugeschichtliches Archiv Zürich)
Eigentlich war das Stadthaus noch grösser geplant gewesen. Vorgesehen war, die Schipfe und das Ötenbachareal zu überbauen. Das heutige Stadthaus wäre dann verkauft und als Geschäfts- oder Warenhaus genutzt worden. Dazu kam es nicht.
Modell von Gustav Gull zur geplanten Überbauung des Ötenbachareals. (Foto: Baugeschichtliches Archiv Zürich)
Ein Stadtrat verweigert sich
Die Erweiterung Zürichs brachte es mit sich, dass die öffentliche Hand mehr zu tun hatte. Der Stadtrat wurde von sieben auf neun Mitglieder aufgestockt. Sobald das neue Stadthaus fertig gebaut war, tagte der Stadtrat einmal wöchentlich im Stadtratssaal des zweiten Stocks. Das folgende Bild von 1921 zeigt eine typische Sitzungsszene, allerdings nur mit acht Mitgliedern. Das neunte Stadtratsmitglied, Alfred Traber, ist nicht auf dem Bild. Er weigerte sich standhaft und wollte sich nicht malen lassen. Damit dies nicht so auffiel, griff der Maler zu einem Trick: Er bildete vor Trabers Pult den Stadtratsweibel ab.
Sitzung des Stadtrats 1921. (Foto: Baugeschichtliches Archiv Zürich)
Im Gegensatz zu damals trifft sich der Stadtrat heute nicht mehr an Einzeltischen, sondern an einem runden Tisch.
Von Pestalozzi bis Mauch
In den ersten Stadtrat wurden vier Vertreter aus der Altstadt, zwei Aussersihler sowie je ein Vertreter aus Enge, Riesbach und Oberstrass gewählt. Gut lassen sich auch anhand der Sitzverteilungen im Stadtrat die politischen Phasen in der Stadtgeschichte seit 1892 nachvollziehen. Beispielsweise dominierten die Demokraten in den ersten drei Legislaturen bis 1901 oder der Landesring der Unabhängigen, der von 1949 bis 1982 mit zwei Sitzen vertreten war.
Video: Die Stadtpräsidenten Zürichs
Mehr Informationen finden Sie unter www.stadt-zuerich.ch/digitale-zeitreise. (Tages-Anzeiger)
Erstellt: 15.02.2018, 10:55 Uhr
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