Der Regierungsrat macht es sich zu einfach
Die Erneuerung des Unispitals sollte nicht am Gericht erstritten werden.

Die Zürcher Politik gibt wieder mal ein blamables Bild. Stadt und Kanton sind nicht imstande, die Erneuerung des Universitätsspitals einvernehmlich anzugehen. Diese Woche hat der Stadtrat die Baubewilligung für ein 20-jähriges Provisorium im Spitalpark verweigert, was der Regierungsrat am Baurekursgericht anficht. Der Konflikt um den sechsstöckigen Modulbau steht in Kontrast zur gemeinsamen Strategie für die Entwicklung des Hochschulquartiers, auf die sich Stadt und Kanton geeinigt haben. Dazu gehört auch der Grundsatzentscheid, dass das Unispital am bestehenden Ort bleibt, selbst wenn die hochgradig denkmalgeschützten Gebäude der Zürcher Architekturheiligen Haefeli Moser Steiger nur behutsame Eingriffe zulassen. Auch der Spitalpark steht unter Schutz, bildet er doch Teil des Ensembles, das von seinen Architekten für grösstmögliches Wohlbehagen der Patienten geschaffen worden war.
Auffallend unterschiedlich fielen die beiden Verlautbarungen aus: Der Stadtrat erklärte kurz und dürr, dass ein 20-jähriges Provisorium in der Freihaltezone geltendem Recht widerspreche. Weitere Auskünfte erteilte Departementssekretär Urs Spinner und nicht Hochbauvorsteher André Odermatt (SP). Ganz anders der Regierungsrat: Emotional wie selten sieht er den Medizinstandort Zürich geschwächt, den Leistungsauftrag der universitären Medizin gefährdet und die Weiterentwicklung des Spitals am Standort Hochschule ernsthaft gefährdet. Kontakt für Medien: Baudirektor Markus Kägi (SVP) und Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger (FDP). Gestern Freitag doppelte das Spitalpersonal mit einem offenen Brief an den Stadtrat nach. Von der Freihaltezone steht in beiden Verlautbarungen kein Wort.
Spitäler lösen Emotionen aus
Die Mitteilung der Stadt bedient den Verstand, jene des Kantons die Emotion. Das Zweite ist einfacher. Wollte etwa die UBS oder das Militär ein Dauerprovisorium in einem geschützten Park in der Freihaltezone bauen, würden die meisten Menschen mit dem spitzen Zeigfinger an die Stirn tippen. Anders beim Spital. Spitäler dürfen alles, weil sie uns und unsere Lieben in der Not retten. Der Neubau des Bettenhauses des Stadtspitals Triemli für 290 Millionen Franken erhielt in der Volksabstimmung rekordhaltige 90 Prozent Zustimmung. Solchen Goodwill nützt die SVP selbstverständlich aus und bezichtigt jetzt den rot-grünen Stadtrat, er gefährde mit der Ablehnung des Modulbaus Menschenleben.
Tatsächlich wäre der Entscheid des Stadtrats unhaltbar, wenn die Verweigerung des 90-Millionen-Dauerprovisoriums den Spitalbetrieb gefährden würde. Denkmalschutz und Freihaltezone enden dort, wo sie ein höheres öffentliches Interesse verhindern. Und ein höheres Interesse als die öffentliche Gesundheit ist kaum vorstellbar. Wäre das Provisorium für den Nukleartrakt, für verschiedene Intensivstationen und für Rochadeflächen während der 20-jährigen Gesamtsanierung nur gerade dort im Park möglich, käme die Standortgebundenheit ins Spiel, und für das Provisorium wäre eine Ausnahmebewilligung zulässig.
Aussage gegen Aussage
Der Stadtrat behauptet, es gebe in Spitalnähe andere Möglichkeiten, um die benötigten Flächen zu schaffen. Der Regierungsrat behauptet das Gegenteil. Was stimmt, können Aussenstehende nicht beurteilen. Es gibt aber Indizien, die für die Stadt sprechen. Ihre Bauentscheide haben vor Gericht meistens Bestand. Der Stadtrat ist weit weniger denkmalbesessen und bauverhindernd, als ihm Bürgerliche unterstellen. Der Neubau des Landesmuseums auf Teilkosten des geschützten Platzspitzparks, der Neubau des Kunsthauses auf Kosten der geschützten Turnhallen – sie wurden in jüngster Zeit freudig von der Stadt bewilligt. Zum Entsetzen des Heimatschutzes. Auch die zehn Jahre Besetzung der Freihaltezone Allmend durch den Installationsplatz Uetlibergtunnel wurde von der Stadt akzeptiert, weil es dafür keine Alternative gab.
Gegenüber der Stadt gefällt sich der Regierungsrat in der Rolle des Hausherrn. Entgegen früherer Vereinbarung wurde das Herzzentrum am Unispital ohne Beteiligung des Stadtspitals Triemli eröffnet. Entgegen der Meinung seiner eigenen Fachleute prognostizierte der Regierungsrat das grosse Verkehrschaos und verweigerte der Stadt einen kleinen Spurabbau am Utoquai. Worauf das Verwaltungsgericht dem Regierungsrat eine deutliche Abfuhr erteilte. Das liess ihn aber nicht an seiner Überzeugung zweifeln, sondern am geltenden Rechtszustand.
Diese Selbstgerechtigkeit setzt sich fort. Der Regierungsrat geht im Fall Unispital erneut den Rechtsweg, um die für ihn einfachste Lösung mit dem Modulbau durchzusetzen. Eine Verzögerung um Jahre droht, statt dass der Kanton zusammen mit der Stadt eine neue Lösung sucht, wo die erforderlichen Bauten möglich sind. Allenfalls wäre dann ein kleineres und kürzeres Provisorium sogar am Parkrand möglich. Gewiss ist: Politiker werden gewählt, damit sie Lösungen finden, nicht, um die Gerichte zu beschäftigen.
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Dossier: Baustelle Unispital www.unispital.tagesanzeiger.ch
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