Kahlschlag an Zürcher Seepromenade
Schluss mit Schatten am Ufer: 50 der 64 alten Bäume am General-Guisan-Quai müssen weg.
Der Duft von frisch geschnittenem Holz liegt in der Luft – und ab und zu schwebt eine Baumkrone vorbei. Seit den frühen Morgenstunden sind Mitarbeiter von Grün Stadt Zürich daran, Bäume am General-Guisan-Quai zu fällen. 14 sind es heute Dienstag – bis 2018 werden 50 der insgesamt 64 der stattlichen Bäume verschwinden, teilt das Tiefbau- und Entsorgungsdepartement (TED) am Dienstag mit.
Die Veränderung aus der Vogelperspektive: So wird der General-Guisan-Quai im Frühling 2018 aussehen. (Visualisierung: PD)
Einige Passanten bleiben stehen und beobachten die Fällarbeiten. «Dieser Anblick macht mich traurig», sagt eine ältere Frau. Andere staunen über die spektakuläre Aktion: «Der reisst ihn einfach samt Wurzeln aus», sagt eine Frau ganz aufgeregt. Sie zückt ihr Handy und filmt, wie ein weiterer Baum durch die Luft gehoben, zu Boden gelegt und endgültig zersägt wird.
Seit 1921 haben die Bäume am Zürcher Seebecken Passanten und Flaneuren Schatten gespendet. Manch heftigem Sturm haben sie problemlos standgehalten. Doch vor rund einem Monat wurde es zu viel: Windböen von 80 km/h haben am 18. März 2017 einen Trompetenbaum entwurzelt und eine Rosskastanie umgeknickt.
Bodenverdichtung war zu viel für die Bäume
Sogenannte Zugkraftuntersuchungen zeigten, dass drei weitere Bäume aus Sicherheitsgründen sofort gefällt werden mussten. Seither hat Grün Stadt Zürich sämtliche Pflanzen der Parkanlage am See mit aufwendigen Messungen auf ihre Standfestigkeit hin geprüft.
Sturmtest mit Stahlseilen: Axel Fischer von Grün Stadt Zürich erklärt am 31. März das Vorgehen. Video: Mario von Ow
Heute Dienstag präsentierte die Abteilung die Resultate der Untersuchungen. «Die Resultate sind dramatisch für die Allee. Die meisten Bäume kann man nicht retten», sagt FDP-Stadtrat und TED-Vorsteher Filippo Leutenegger. Bei allen der rund 100-jährigen Bäume zwischen Schanzengraben und Arboretum gibt es Hinweise auf Fäulnis im Stammfuss. Einzig 14 junge Pflanzen sind noch gesund. Diese wurden erst nach der Sanierung der denkmalgeschützten Anlage vor 15 Jahren gepflanzt.
Bei eben dieser Sanierung orten die Fachleute einen der Gründe für die Fäulnis. Damals wurden zum Ausgleich der unterschiedlichen Standniveaus die Wurzelbereiche aufgefüllt. Eine weitere Rolle dürfte gemäss Angaben des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements die Bodenverdichtung spielen – insbesondere durch die Fahrzeuge, die bei Anlässen jeweils das Gelände für den Auf- und Abbau der Infrastruktur befahren.
Weiter waren die Bäume auch von einem holzzersetzenden Pilz befallen. «Gegen diesen bestimmten Pilz gibt es keine Impfung und kein Spritzmittel», sagt Axel Fischer von Grün Stadt Zürich. Der Pilz sei für die Baumspezialisten schwierig zu erkennen, da die Folgen des Befalls erst spät in Erscheinung treten. «Die Bäume sehen lange gesund aus, wie auch hier am General-Guisan-Quai», sagt Fischer.
Neue Bäume frühestens im Herbst
Beim Anblick der vielen gefällten Bäume «blutet jedes Gärtnerherz», sagt Fischer, «aber die Sicherheit der Passanten geht vor». Deshalb sei der Ersatz sämtlicher alten Bäume unumgänglich. Die Stadt will die Fällungen in drei Etappen durchführen: Nachdem 14 Alleebäume bereits heute Dienstagmorgen abgeholzt wurden, plant Grün Stadt Zürich für den kommenden Winter die Rodung von 20 weiteren Bäumen. Im Winter 2018/2019 sollen schliesslich die letzten 11 Bäume geholzt werden.
Jetzt beginnt die Planung für den Ersatz. Dabei gehe es nicht einzig darum, neue Bäume zu pflanzen, sondern auch um die Wahl der sogenannten Baumscheiben zum Schutz der Pflanzen, sagt Fischer. «Das machen wir, damit die neuen Bäume auch wieder 100, 120 oder 150 Jahre alt werden können.» Die Kosten könne er noch nicht genau beziffern. Er schätzt aber, dass die baulichen Massnahmen pro Baum 5000 bis 10'000 Franken kosten werden. Die Bäume selbst kosten rund 1500 Franken. «Im Herbst 2017 sollten die ersten gepflanzt werden», sagt Fischer.
Der Schatten am Seeufer wird also knapp werden in diesem Jahr. Und Stadtrat Leutenegger hätte gerne, wenn schon früher eine neue Allee gepflanzt würde: «Es soll wenn möglich keinen Sommer ohne Schatten geben.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch