Frauen entern die Zürcher Clubszene
Der «Minirock» gibt dem Rock ein neues Zuhause.

Es gibt sie noch, die Zürcher Rockszene, und sie fiel sich dieses Wochenende an der Badenerstrasse 281 im Kreis 3 in die Arme: Im Minirock findet die Szene ein neues Zuhause, nachdem sie zwei Jahre lang in alle Himmelsrichtungen zersplittert gewesen ist. Bei der offiziellen Eröffnung am vergangenen Freitag riss die Schlange vor dem neuen Club bis um 5 Uhr morgens nicht ab.
Drinnen wähnt man sich zunächst in einer Disco: schwarze Wände, zurückhaltende Deko, kein Totenkitsch, keine männliche Rockikonografie. Stattdessen ziehen sich farbige Neonlinien zur stattlichen Bar – dem Herzen des Clubs.
Die Stimmung ist überschwänglich, das Publikum gut durchmischt; Frauen, Männer, Junge, Alte. Auf der Frauentoilette gibt es keine Spiegel. «You look fine», kritzelte da jemand stattdessen an die sonst noch weisse Wand: «Du siehst gut aus.» An der Bar gibt es nicht nur Bier, sondern auch Prosecco aus dem Zapfhahn. Es sind die kleinen Zeichen der weiblichen Handschrift, die der Minirock trägt.
Diese Handschrift liegt auch im Namen: Minirock spielt nicht nur auf die Grösse des neuen Rockclubs an. Für die vier Frauen im Kernteam ist er auch ein Zeichen der sexuellen Befreiung der Frau.
An der Bar erwünscht
Melanie Gubser, Vera Egloff, Olivia Deppe und Kathrin Schulze sind alle praktisch in Rockclubs aufgewachsen. Das sieht man auch ihren Tätowierungen an. «Klar sind wir Feministen», sagt Egloff, «auch die Männer, die bei uns mitmachen.» Darüber brauche es gar keine Diskussion. Elf Teilhaber hat der Minirock, alle zum gleichen Teil, alle mit einer Stimme.
Die Programmleitung macht Melanie Gubser: «Wir wollen der Szene wieder ein Zuhause geben», sagt sie, «nicht nur unseren Freunden, aber auch all den Menschen ab 20 Jahren, die nicht Trap oder Deep House, sondern alles von Punk über Punkrock bis Indie hören wollen.» Auch ein Trashformat wird es geben. «Den härtesten Rockern reisst es zu später Stunde die Hände in die Luft, wenn zu Abwechslung mal Abba erklingt», sagt Gubser. Im ersten Monat überwiegen die Frauen als DJs.
Für Zürich ist der grosse Frauenanteil in der Clubführung ungewöhnlich. «Auf der elektronischen Seite gibt es keinen einzigen Club mit Frauen im Kader, die nicht mindestens noch einen männlichen Chef haben», sagt Nachtclub-Experte und Kolumnist Alex Flach. Er spricht von einem «institutionellen Chauvinismus». Frauen seien im Nachtleben an der Bar und nicht in der Führung erwünscht.
Im Minirock wird das althergebrachte, traditionell männliche Rockimage kräftig durchlüftet.
Davon ist im Minirock nichts zu spüren. Eher wird hier das althergebrachte, traditionell männliche Rockimage kräftig durchlüftet. «Auch die dezente Einrichtung ist ein Statement», sagt Egloff. Das Team hat bewusst auf klassische Rockklischees verzichtet, damit sich auch Frauen wohlfühlen.
«Nicht nur der klassische Rocker, der an der Bar Bier kippt, ist bei uns willkommen. Wir wollen auch die freshen Szenen erreichen», sagt Egloff. Niederschwellig soll der Club aber bleiben – an der Bar sowie auch beim Eintritt (gratis ab 22 Uhr, 5 Franken ab 23.55 Uhr). Vorgesehen sind ausserdem Live-Rockkonzerte, allerdings mit klarer Ansage: Nicht vorkommen sollen im Minirock Auftritte von Formationen wie der Rockband Frei.Wild. «Von rassistischen oder homophoben Inhalten distanzieren wir uns klar», sagt Vera Egloff.
Der Rock ist nicht tot
Für Nachtlebenexperte Flach hat der neue Club Potenzial. «In dieser Grösse und mit dem DJ-Konzept hat der Club in Zürich eine Lücke geschlossen», sagt er.
Eines ist nach dem gut besuchten Eröffnungswochenende jedenfalls klar: Der Rock ist nicht tot. Auch nicht in der Stadt Zürich.
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