«Jetzt nur nicht überreagieren»
Der deutsche Fananwalt Rene Lau rät davon ab, nach dem schockierenden Gewalt-Video die Gesetze zu verschärfen.
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie diese Videobilder sehen?
Erst mal bin ich schockiert.
Sie haben erst kürzlich in einem Interview gesagt, Fans sollen sich die Nase einhauen dürfen. Gilt das auch noch nach diesem Video?
Das habe ich in einem völlig anderen Kontext gemeint. Wenn sich zwei Gruppen freiwillig auf einer Wiese treffen und sich die Köpfe einschlagen, ist das etwas anders als das, was die aktuellen Videobilder aus Zürich zeigen. Hier treffen zwei Gruppen aufeinander, bei denen anzunehmen ist, dass nicht alle Menschen darin prügeln wollten, dass Wehrlose getreten werden. Das darf man nicht verharmlosen. Ein Gericht muss entscheiden, ob und wer Straftaten begangen hat.
Nun fordert die öffentliche Meinung Massnahmen und härtere Strafen.
Das kann man den Menschen nicht verübeln. Ich bin mir auch im Klaren: Es gibt viele, die mit Fussball nichts am Hut haben. Sehen und lesen sie solche Negativmeldungen, dann ist ihre Meinung gemacht. Die sollen sie auch haben dürfen.
Aber?
Diese Meinungen sollen nicht Anlass sein, dass es dann zu Gesetzesverschärfungen und Überreaktionen kommt. Es gibt bereits einen funktionierenden Rechtsstaat mit Gesetzen. Überdies zeigen Studien, dass etwa eine Verdopplung einer Strafe nicht dazu führt, dass weniger Delikte begangen werden.
Was halten Sie davon, dass die Polizei das Video veröffentlicht hat?
Aus juristischer Sicht finde ich das bedenklich. Persönlichkeitsrechte sollten auch bei Tätern gewahrt werden. Ich frage mich, ob diese Bilder in allfälligen Prozessen verwendet werden können.
Die Staatsanwaltschaft will mit der Videopublikation auch Politik machen und eine Debatte anregen.
Das kommt noch dazu. Ich frage mich, ob dies ihre Aufgabe ist. Doch für mich ist das nichts Neues, diese Stimmungsmache liest man zumindest in Deutschland in jeder zweiten Polizeimeldung.
Kann man bei Fussballfans in Sachen Repression weiter gehen als bei gewöhnlichen Menschen?
Der Fussball ist ein Probierfeld der Polizei und Strafvollzugsbehörden geworden. Sie wissen, dass sie mit diesem Thema viele ansprechen können. Nur: Fussballfans werden gefilmt, es werden ohne ihr Wissen Daten gesammelt. Dagegen muss man sich wehren. Diejenigen, die ein Durchgreifen fordern, sollen nicht überrascht sein, wenn das als Bumerang auf sie zurückkommt. Es ist doch nicht anzunehmen, dass sich Überwachungsaktionen nur auf Fussballspiele beschränken, irgendwann sind normale Demonstrationen betroffen.
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