Macht Zürich Kohle mit der Asche?
Der Stadt wird vorgeworfen, sich mit Gold zu bereichern, das nach Kremationen anfällt. Ganz so simpel ist die Rechnung nicht.

Seit dem 1. September ist in Zürich das neue Reglement für Bestattungen und Friedhöfe in Kraft. Damit setzt die Stadt die Vorgaben der kantonalen Bestattungsverordnung auf kommunaler Ebene um. Das überarbeitete Reglement enthält zwei Neuerungen. Eine davon sorgt für medialen Wirbel.
Es geht um die Wiederverwendung von medizinischen Implantaten und Edelmetallen, die bei der Kremation zurückbleiben. Bisher haben die Mitarbeiter des Zürcher Friedhofs- und Bestattungsamts der Asche keine Edelmetalle entnommen. Nun aber sind die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, dass sie dies mit der Einwilligung der Hinterbliebenen tun dürfen. «Wir haben hierzu auch neue Geräte angeschafft, mit denen wir im Unterdruckverfahren die Metalle separieren und wiederverwerten können», sagt der zuständige Amtsleiter Rolf Steinmann.
Ökologisches und nachhaltiges Recycling
Es gehe darum, die ökologische Belastung des Bodens durch die Metalle zu reduzieren. Aber auch Nachhaltigkeit und das Schonen von wertvollen Ressourcen gibt Steinmann als Gründe für die neue Regelung an. «Es ergibt unseres Erachtens wenig Sinn, das unter schwierigsten Umständen gewonnene Gold nicht wiederzuverwenden.»
In die Kritik geraten ist das Bestattungsamt, weil es das Gold nach dem Ausfiltern nicht den Hinterbliebenen übergibt, sondern behält. Zürich mache Kohle aus der Asche, schreibt der «Blick» und zitiert Ethikprofessor Markus Huppenbauer, der betont, dass das Gold und die Edelmetalle den Erben gehören. «Die Städte dürfen nicht einfach so etwas von der Leiche wegnehmen.»
Die Asche, eine herrenlose Sache
Rolf Steinmann wehrt sich gegen die Vorwürfe. «Die Asche ist juristisch gesehen eine herrenlose Sache, die rechtlich niemandem mehr zuzuordnen ist. Somit sind auch Gegenstände, die in der Asche enthalten sind, nicht dem Erbrecht unterstellt.» Abgesehen davon würden die Einnahmen in die Stadtkasse fliessen und kämen damit der Allgemeinheit zugute.
«Die Asche ist rechtlich niemandem mehr zuzuordnen. Somit sind auch Gegenstände, die in der Asche enthalten sind, nicht dem Erbrecht unterstellt.»
Auch würden die Angehörigen immer gefragt, ob sie den Verstorbenen emotional wertvolle Dinge wie Schmuck oder Eheringe vor der Kremation abnehmen und behändigen wollen. Selbst Goldzähne könnten vor der Einäscherung von einem Zahnarzt entnommen werden. «Natürlich ist das immer auch mit einem gewissen Aufwand und mit Kosten verbunden. Vermutlich ist das der Grund, weshalb wir bis heute noch nie einen solchen Fall hatten.»
Gold weckt Emotionen
Es sei vor allem das Gold, das die Emotionen hochgehen lasse. «Wenn wir andere Metalle aus der Asche filtern, interessiert das kaum jemanden», sagt Steinmann. Hinzu komme, dass viele eine völlig falsche Vorstellung davon hätten, was bei der Kremation geschehe. «Es sind Kleinstmengen, winzige Partikel, die man nach dem Verbrennungsprozess herausfiltern kann. Vielleicht 1 bis 2 Gramm. Damit kann man nicht mehr viel anfangen.»
Für die Stadt Zürich käme so allerdings einiges zusammen, wie der «Blick» rechnet: Im Krematorium Nordheim – dem grössten der Schweiz – werden jährlich rund 7000 Menschen eingeäschert. Da seien Erträge von weit über 100'000 Franken jährlich zu erwarten. «Es ist durchaus möglich, dass sich die Einnahmen in diesem Rahmen bewegen», sagt Steinemann. Vorläufig sei das aber nichts als Kaffeesatzlesen, denn seit der Einführung des neuen Reglements hätten nur rund ein Drittel der Hinterbliebenen der Entnahme von Edelmetallen zugestimmt. Die Möglichkeit sei noch nicht allen bekannt, der Prozess habe erst begonnen.
Sicher ist, dass den Hinterbliebenen von verstorbenen Stadtbewohnern für die Beerdigung nach wie vor keine Kosten entstehen: Jeder in der Stadt Zürich Wohnhafte hat ein Anrecht auf eine kostenlose Bestattung. Pro Todesfall entstehen der Stadt dadurch Kosten von 5000 bis 7000 Franken – und die Stadt verzeichnet pro Jahr zwischen 3000 und 3500 Todesfälle.
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