Nach der Pauli-Affäre: Neustart im Zürcher Entsorgungsamt
Neuer Chef, neuer Züri-Sack, neue Führungskultur: Beim krisengeschüttelten ERZ ändert sich einiges.

Eine Luxuslimousine als Dienstwagen, eine schwarze Kasse mit 200'000 Franken und kaschierte Kostenüberschreitungen: Der Skandal bei Entsorgung + Recycling Zürich, kurz ERZ, hatte im Sommer 2017 die Zürcher Politik erschüttert und den damaligen ERZ-Direktor Urs Pauli den Job gekostet. Der Chefbeamte hatte zwar das städtische Abfuhrwesen zu einem stark aufgestellten Betrieb gemacht, war wegen seines eigenmächtigen Führungsstils allerdings immer wieder angeeckt. 2017 stellte die Stadt Pauli wegen des Verdachts auf ungetreue Amtsführung frei und entliess ihn später fristlos. Eine Strafanzeige ist noch hängig.
Neben der Affäre Pauli sorgte das Hin und Her um die Entsorgungsfirma Rolf Bossard AG für Unruhe im ERZ. Die Stadt hatte die Firma, die in Zürich die Papiersammlung durchführte, 2005 notfallmässig erworben, um sie vor dem finanziellen Kollaps zu bewahren. Im Zug der Affäre Pauli kündigte ERZ dann aber sämtliche Verträge mit der Tochterfirma, weil die Arbeiten nicht korrekt ausgeschrieben worden waren. Dies brachte die Rolf Bossard AG in Schieflage.
Brands verschwinden
Heute Dienstag nun haben der zuständige Stadtrat Richard Wolff (AL) und der neue ERZ-Direktor Daniel Aebli vor den Medien aufgezeigt, wie sie das krisengeplagte Entsorgungsamt wieder in ruhigere Fahrwasser bringen wollen. Dabei ist nichts weniger als ein Neustart geplant, wie Wolff und Aebli versprachen. Wolff amtiert seit 1. Juni dieses Jahres als Vorsteher des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements, Aebli ist seit dem 1. Juli ERZ-Direktor.
ERZ leiste viel für die Lebensqualität in Zürich, sagte Wolff. Veränderungen seien aber dringend nötig, Regeln und Gesetze müssten strikt eingehalten und ökologische Herausforderungen stärker gewichtet werden. «Die Glaubwürdigkeit von ERZ muss vollumfänglich wiederhergestellt werden. Es kann nicht zugewartet werden.»
Laut Daniel Aebli haben die Negativschlagzeilen der letzten Jahre intern zu einer Verunsicherung geführt, die einen Neustart nötig mache. Nötig seien unter anderem einfachere Strukturen. Die Brands «Sauberes Zürich», «Sauberes Wasser» und «Zürich Wärme» werden aufgegeben. «Es gibt nur noch ein ERZ, und dieses positioniert sich als das, was es zu sein hat: als städtische Dienstabteilung», betonte er und sprach von einer «neuen Bescheidenheit».
Dazu präsentierte der neue Entsorgungschef ein schlankeres Organigramm: Querschnittfunktionen wie Recht, Controlling und Beschaffung werden neu zentral geführt, die Geschäftsleitung verkleinert, Schlüsselpositionen teilweise neu besetzt. Die Personalentwicklung soll professionalisiert und eine Nachfolgeplanung eingeführt werden. «Eine Machtballung soll es nicht mehr geben», sagte Aebli. Mitarbeitende erhalten mehr Möglichkeiten, Ideen einzubringen, aber auch fehlerhaftes Verhalten zu melden.
Rolf Bossard AG wird verstaatlicht
Weiter gab Stadtrat Wolff bekannt, dass die Entsorgungsfirma Rolf Bossard AG in die Stadtverwaltung eingegliedert wird. Die 32 Mitarbeitenden sollen in die städtische Dienstabteilung ERZ übertreten. Sofern der Gemeinderat die notwendigen Stellen bewilligt, wird die Integration auf 1. Januar 2019 umgesetzt und die Rolf Bossard AG danach liquidiert.
Damit kommt Wolff einer Forderung aus dem Stadtparlament nach. Im Juni hatte der Gemeinderat eine Motion der AL überwiesen, die den Stadtrat beauftragt, die Tochterfirma zu «rekommunalisieren». Zudem sprachen ganz praktische Gründe für den Schritt: ERZ kann die gekündigten Aufträge ab Januar nicht selbst durchführen, weil es dafür weder über das Personal noch die Fahrzeuge und Anlagen verfügt.
Wie der neue ERZ-Direktor weiter sagte, will er den Fokus künftig vermehrt auf die Gesamtbetrachtung von Stoffkreisläufen sowie auf Abfallvermeidung legen. Und: Der Züri-Sack soll dank mehr Regeneratanteil ökologischer werden. In den ERZ-Anlagen will er die Fotovoltaik ausbauen, bei der Fahrzeugflotte den Anteil Elektrofahrzeuge vergrössern. «Wir haben uns viel vorgenommen», so Stadtrat Richard Wolff. Für den Kulturwandel brauche es Zeit, «aber die Grundlagen für den Neustart sind geschaffen», ist er überzeugt.
PUK-Bericht erst in einem Jahr
Explizit kein Thema an der Medienkonferenz war die politische Aufarbeitung der ERZ-Affäre, weil diese immer noch im Gang ist. So beschäftigt sich seit Anfang Jahr eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) mit den Vorfällen und Missständen. Der Abschlussbericht wird allerdings erst gegen Ende 2019 vorliegen, wie PUK-Präsident Markus Merki auf Anfrage erklärt. Bei der Untersuchung geht es um die Verantwortlichkeiten, die Wahrnehmung der Führungs- und Kontrolltätigkeiten im ERZ, aber auch um die Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern auf Stufe Stadtrat, Departement und Gemeinderat sowie die Tätigkeit der städtischen Finanzkontrolle. Zudem hat der Stadtrat beim Rechtsprofessor Tomas Poledna eine externe Untersuchung zur ERZ-Affäre in Auftrag gegeben, die ebenfalls noch nicht abgeschlossen ist.
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