Prozess gegen Polizisten abgebrochen
Der Prozess gegen die drei Zürcher Polizisten, die einen Dunkelhäutigen malträtiert haben sollen, ist vertagt worden. Droht ihnen nun eine Anklage wegen Gefährdung des Lebens?

Laut Anklage sollen sich die drei Beamten der Stadtpolizei des Amtsmissbrauchs und der einfachen Körperverletzung schuldig gemacht haben. Bruno Steiner, Rechtsvertreter von Kläger und Opfer Wilson A., ist damit nicht einverstanden. Er beantragte, das Gericht solle der Staatsanwaltschaft Gelegenheit geben, die Anklage zu ändern.
Konkret: Die Beamten sollen neben Amtsmissbrauchs auch wegen Gefährdung des Lebens angeklagt werden. Der Vorwurf der einfachen Körperverletzung könne fallen gelassen werden, weil das Delikt in der Zwischenzeit verjährt sei.
Scharfe Kritik des Opfervertreters
In seinem auf drei Stunden angekündigten Plädoyer übte Steiner scharfe Kritik an der zuständigen Staatsanwältin. Zweimal hatte sie das Strafverfahren eingestellt, zweimal musste sie von Seiten des Gerichts aufgefordert werden, Anklage zu erheben. «Mit allen Mitteln und Tricks» habe sie versucht, die Strafsache «zum Nutzen und Frommen der beschuldigten Polizeibeamten in den Orkus des Nie-Dagewesenen zu katapultieren».
Insbesondere kritisierte Steiner, dass die Staatsanwältin den Tatbestand der Gefährdung des Lebens unter jenen Teppich kehrte, «unter welchen notorisch alle diese Verfahren gegen Polizeibeamte gekehrt werden».
Implantierter Defibrillator
Wilson A. war schwer herzkrank und trug einen implantierten Defibrillator. Dies hätten die Polizisten gewusst und trotzdem den Mann mit Pfefferspray, Schlagstock und Würgegriffen traktiert. Laut ärztlichem Bericht des Zürcher Unispitals war die körperliche Auseinandersetzung aufgrund der schweren Vorerkrankung «mit sehr hohen gesundheitlichen Risiken» verbunden. Lebensbedrohliche Blutungskomplikationen, ein Bruch des implantierten Schrittmacherkabels oder die Auslösung eines lebensgefährlichen Schocks bei diesem Vorgehen möglich.
Verhandlung unterbrochen
Der Einzelrichter am Bezirksgericht hat die heutige Verhandlung am Morgen unterbrochen. Die drei Verteidiger sollten Gelegenheit erhalten, sich zum Antrag auf Rückweisung der Anklageschrift zu äussern. Gemäss Art. 333 der Strafprozessordnung kann das Gericht der Staatsanwaltschaft die Gelegenheit geben, ihre Anklageschrift zu ändern.
Die drei Verteidiger haben am Nachmittag Stellung genommen und lehnten das Ansinnen Steiners ab. Der Richter brach darauf die Verhandlung ab und wird seinen Entscheid über den Fortgang des Prozesses den Parteien schriftlich zustellen.
Opfer fühlte sich rassistisch angegangen
Die zwei Zürcher Stadtpolizisten und eine Stadtpolizistin müssen sich vor Gericht verantworten, weil sie bei einer Personenkontrolle den dunkelhäutigen Wilson A. so schwer misshandelt haben sollen, dass dieser sich einen Lendenwirbel brach und weitere Verletzungen erlitt.
Die Kontrolle fand im Oktober 2009 in einem Tram statt. Das Opfer war gerade mit einem Bekannten auf dem Heimweg, als ein Polizist und eine Polizistin zustiegen. Sie waren auf der Suche nach einem dunkelhäutigen Verdächtigen und meinten, fündig geworden zu sein. Der dritte Polizist fuhr mit dem Einsatzwagen hinter dem Tram her.
Wilson A. und sein Bekannter wurden nach ihren Ausweisen gefragt, was bei den beiden nicht gut ankam. Ob es etwas mit ihrer Hautfarbe zu tun habe, dass sie als einzige im Tram kontrolliert würden, fragten sie gemäss Anklageschrift.
Ohne den beiden Männern erneut die Gelegenheit zu geben, sich auszuweisen, forderten die Polizisten sie kurzerhand zum Aussteigen auf. Beim Bahnhof Wiedikon wartete bereits der dritte Polizist, der mit dem Auto hinter dem Tram hergefahren war.
Mit Fäusten und Schlagstöcken
Wilson A. bat ausdrücklich darum, ihn nicht anzufassen, da er herzkrank sei und eine Operation hinter sich habe. Gemäss Anklageschrift hat der Mann tatsächlich einen implantierten Defibrillator.
Die Polizisten liessen sich davon jedoch nicht zurückhalten. Die Polizistin sprühte dem Mann Pfefferspray ins Gesicht. Ihre Kollegen traktierten ihn mit Fäusten und Schlagstöcken.
Dabei soll einer der Polizisten das Opfer auch noch beschimpft haben. «Scheiss-Afrikaner, geh zurück nach Afrika», sagte er laut Anklage. In Handschellen brachten die Polizisten den Mann schliesslich auf die Wache - und von dort ins Universitätsspital.
«Unnötige Gewalt»
Die Liste seiner Verletzungen ist lang: Wilson A. hatte unter anderem einen gebrochenen Lendenwirbel, Prellungen im Gesicht und am Hals, eine Zerrung am Oberschenkel und eine ernsthafte Knieverletzung, die er kurze Zeit später operieren lassen musste.
Die Staatsanwältin schreibt in der Anklageschrift von «unverhältnismässigen Mitteln und unnötiger Gewalt», um einen Mann zu disziplinieren und zu demütigen. Dies dürfe bei der polizeilichen Tätigkeit keinesfalls passieren. Bestraft werden sollen die Polizisten mit bedingten Geldstrafen, bei einer Probezeit von zwei Jahren.
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