Zürichs Stadtverwaltung macht auf Google
Zeit für eigene Projekte, Start-ups und Experten aus der Wirtschaft in den Dienstabteilungen: Der Stadtrat zeigt, wie er Zürich «smart» gestalten will.

Es geht um nichts weniger als die Googleisierung der Verwaltung, die der Stadtrat anstrebt. Oder wie es SP-Stadtpräsidentin Corine Mauch gestern vor den Medien formulierte: «Wir wollen Raum für Experimente schaffen, freies Denken fördern.» Mitarbeiterinnen sollen unabhängig von Hierarchien und über Verwaltungseinheiten hinweg Ideen einbringen können. Und Experten aus der Privatwirtschaft sowie der hiesigen Hochschulen sollen mit der Verwaltung an konkreten Projekten arbeiten, um diese «smarter», also mit technischen Mitteln kundenorientierter, zu machen. Die Smart-City-Anstrengungen sollen den Bürgern den Gang ins Kreisbüro öfters abnehmen. Zudem sollen die Zürcherinnen und Zürcher neue Möglichkeiten erhalten, um sich aktiv in die Stadtentwicklung einzubringen.
Über die Projekte müssen die Macher Rechenschaft ablegen, doch funktionieren müssten diese nicht unbedingt. Mauch zitierte den Schweizer Geschäftsführer von Google, Patrick Warnking, mit den Worten: «Wenn wir nicht mit mehr als 50 Prozent der Ideen scheitern, machen wir etwas falsch.» Gesundheits- und Umweltvorsteher Andreas Hauri (GLP) ist guter Dinge: «Bei 30'000 Mitarbeitern in der Verwaltung sollte es ja vor Innovation nur so sprudeln.»
Jährlich 2,5 Millionen
Das Konzept des Stadtrats war eine Auftragsarbeit. Eine Motion der Grünliberalen im Gemeinderat verpflichtete ihn dazu. Die beiden GLP-Gemeinderäte Isabel Garcia und Sven Sobernheim zeigten sich nach der Präsentation weitgehend zufrieden. Aber: Sie hätten sich im Papier mehr Substanz bezüglich der Einbindung der Wirtschaft und der Bildung gewünscht. Dass man Kindern das Programmieren spielerisch beibringe, hätte für Garcia zwingend dazugehört. Sobernheim kritisiert, dass das Thema Datenschutz nur am Rande vorkomme. Er hätte sich mehr Ressourcen für den Datenschutzbeauftragten gewünscht.
Eine Kehrtwende hat FDP-Stadtrat Michael Baumer vollzogen. Im Gemeinderat vertrat er noch die bürgerliche Haltung, welche das Smart-City-Projekt als «Verwaltungsabteilung für warme Luft» verspottete. Nun erklärt der Vorsteher der Industriellen Betriebe seine Begeisterung damit, dass die vorliegende «vernünftige Lösung» auf Innovation fokussiere. Auch lassen sich mit dem «smarten» – das heisst gescheiten – Einsatz von Technik nicht nur mehr Lebensqualität und eine bürgernähere Verwaltung schaffen, sie bringe auch Sparpotenzial. So wurden in der Steuerverwaltung trotz Zuzug von rund 10'000 Personen im letzten Jahr keine zusätzlichen Stellen geschaffen.
Für die neue, «smarte» Stadt braucht es allerdings vier neue Stellen, welche die Smart-City-Werkzeuge organisieren, die Zusammenarbeit koordinieren und das Erreichte kommunizieren. Kosten verursacht die Googleisierung auch, nämlich künftig rund 2,5 Millionen Franken im Jahr. Das Geld fliesst aber nicht einzig in die neu geschaffenen Stellen, sondern in Innovationsprojekte, Fellowships von Experten und Mitarbeiterprojekte. Für den Start sollen nun aber erst einmal 1,5 Millionen Franken reichen; so viel soll der Gemeinderat für die Umsetzung als Nachtragskredit sprechen. Tut er das, geht es im kommenden Jahr los.
(Tages-Anzeiger)
Erstellt: 05.12.2018, 20:54 Uhr
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