«Die ETH ist schuldig, die Uni macht mit»
300 Aktivistinnen und Aktivisten haben in der Zürcher Innenstadt ein Verbot von Tierversuchen gefordert. Adressaten waren Universität und ETH.

Der Protestmarsch war laut, aber friedlich. Gut 300 Personen, manche in Affenkostümen, und sicher ein Dutzend Hunde demonstrierten in Zürich gegen Tierversuche. Bei Nieselregen machten sie sich um 14:30 Uhr vom Werdmühleplatz nahe der Bahnhofstrasse Zürich aus auf den Weg.
«Die ETH ist schuldig, die Uni macht mit, auf Kosten der Tiere ein Mordsprofit!», skandierten sie. Und immer wieder: «Tiere raus, raus aus den Laboren!» Anlass des Protestes war ein am 20. April dieses Jahres bekannt gemachter Entscheid des Verwaltungsgerichts, der einen geplanten Tierversuch mit Rhesusaffen stützt.
Demo statt Panorama
Am Limmatquai wurde der Protestzug von den Touristengruppen freudig begrüsst – doch noch ein Handymotiv, wenn schon das Panorama wegen des trüben Wetters ins Wasser fiel. Im Niederdorf schallten die Rufe besonders effektvoll durch die schmalen Gassen, doch die eigentlichen Adressaten hörten sie wohl kaum.
Den Demonstrierenden wurde vor den Hauptgebäuden von Uni und ETH jeweils eine Viertelstunde Redezeit zugestanden. Sie blieben dort unter sich. Nur kurz liess sich in einem oberen Fenster jemand blicken, ansonsten schienen die Gebäude menschenleer.
Forschung Ja, Tierversuche Nein
Es waren hauptsächlich junge Leute, die am Samstagnachmittag dem Protestaufruf verschiedener Tierschutzorganisationen folgten, darunter die Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner, Tier im Fokus oder Soko Tierschutz. Sie kamen aus der ganzen Schweiz und dem nahen Ausland.
Sie forderten wissenschaftliche Forschung komplett ohne Tierversuche. Diese 150 Jahre alte Methode sei ohnehin längst überholt. Es brauche daher entschieden mehr finanzielle Mittel, um Forschung ohne Tierversuche voranzutreiben.
Schizophrenie besser verstehen
Bei dem am Institut für Neuroinformatik der Universität und ETH Zürich geplanten Tierversuch geht es um die Erforschung von Entscheidungsprozessen. Ziel ist es, besser zu verstehen, wie diese durch Irritationen gewisser Areale im Gehirn beeinflusst werden. Die Hirnforscher versprechen sich davon Erkenntnisse für die Behandlung von psychischen Krankheiten wie etwa der Schizophrenie.
Vorgesehen sind Versuche an drei Rhesusaffen, denen mehrere wenige Millimeter grosse mit Elektroden bestückte Plättchen in den präfrontalen Cortex implantiert werden. Der präfrontale Cortex ist jener Bereich des Hirns, wo etwa unter Einbezug von Gefühlen und Sinneswahrnehmungen Entscheidungen abgewogen und getroffen werden. Die Affen werden mit fixiertem Kopf vor einen Computer gesetzt und mit Aufgaben konfrontiert. Dank den Implantaten kann jeweils gemessen werden, welche Areale auf Irritationen speziell reagieren.
Tierversuchskommission uneins
Zur Vorgeschichte: Seit 2009, seit acht Jahren also, wurden in Zürich keine Tierversuche mehr an Primaten durchgeführt. Im April 2014 reichte der Neurowissenschaftler Valerio Mante ein entsprechendes Gesuch bei der Tierversuchskommission des Kantons Zürich ein. Der Versuch soll an zwei oder drei Rhesusaffen durchgeführt werden.
Das Veterinäramt bewilligte 2014 auf Vorschlag einer Mehrheit der Tierversuchskommission das Gesuch. Allerdings erhoben drei Mitglieder der elfköpfigen Kommission Einsprache dagegen. Es werde die Würde des Tieres verletzt, lautete die hauptsächliche Argumentation. Der Regierungsrat wies diesen Rekurs im Dezember 2015 ab.
Der Fall ist entschieden
Die Tierschützer zogen den Fall an das Verwaltungsgericht weiter, das den Tierversuch als «bewilligungsfähig» bezeichnete. Gemessen am erwarteten Erkenntnisgewinn würden die Tiere «keine unverhältnismässige Belastung erleiden», heisst es dort. Gegen das Urteil könnte beim Bundesgericht Beschwerde erhoben werden, allerdings sind die protestierenden Tierschutzvertreter nicht dazu berechtigt.
Den von den Neurowissenschaftlern angestrebten Tierversuchen steht damit wohl nichts mehr im Weg. Das sehen auch die Protestierenden so: Dieser Fall ist endgültig entschieden, hiess es unter lautstarken Buh-Rufen. Doch wolle man mit dem Protestzug ein Zeichen setzen, dass man den Widerstand nicht aufgebe. «Wir geben nicht Ruhe, bis Tierversuche generell verboten sind.»
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