Wenn die Stadtpräsidentin den Lindy hoppt
An diesem Wochenende tanzt Zürich – und Corine Mauch tanzt wacker mit. Dabei geht es ihr allerdings nicht nur um die Freude an der Bewegung.
Soeben hat das Tango-Ensemble seine Darbietung beendet. Der Solotänzer kann nach einem dramatischen Reigen seine Geliebte in die Arme schliessen. Rote Luftballone steigen um das Paar herum hinauf zur Decke. Das Publikum tobt vor Begeisterung. Hunderte Schaulustige haben sich um die grosse Bühne in der Halle des Zürcher Hauptbahnhofs versammelt. «So tanzt die Welt» lautet das Motto der Show – einer von unzähligen Tanzveranstaltungen in der Stadt an diesem Wochenende, denn bis Sonntagabend heissts «Zürich tanzt».
Vor vier Jahren hat die Stadt Zürich das Festival lanciert, um der Bevölkerung den Tanz in all seinen Facetten vorzustellen. Aufführungen, Workshops, Crashkurse, Filme, Dancepartys: Das Programm der drei Festivaltage ist dicht gedrängt. Wer genügend Zeit und Energie hat, kann sich vom Bauchtanz über Hula, Jive, Boogie, Rumba und Salsa bis zu Hip-Hop, Ballett oder Walzer durchtanzen. Auch weniger bekannte Stile wie Waacking oder Vogueing kann man am «Zürich tanzt» testen.
Dicht getakteter Tanz um die Welt
Wie ungeheuer vielseitig Tanz ist, wird einem schon nach einer halben Stunde vor der Bühne im HB bewusst. Es ist buchstäblich eine Reise um die Welt. Auf indische Tänzerinnen folgen lateinamerikanische Volkstanzgruppen, nach dem Tango-Ensemble stürmen Cheerdancer die Bühne.
In atemberaubendem Tempo wirbeln die Mädchen Beine und Pompons durch die Luft. Die Zuschauer klatschen im Takt, unter ihnen auch Corine Mauch. «Sie tanzen wirklich alle perfekt synchron», sagt die Stadtpräsidentin anerkennend.
Mauch ist selbst eine begeisterte Tänzerin, «wobei mir heutzutage leider meistens die Zeit dazu fehlt», räumt sie ein. Während ihrer Studienzeit habe sie Jazztanz- und Modern-Dance-Kurse besucht. Sie habe sich sogar eine halbjährige Auszeit genommen, um zu tanzen. «Ich hatte einfach Freude daran. Eine professionelle Tanzkarriere war aber nie ein Thema.»
An diesem Wochenende will die SP-Stadtpräsidentin wieder einmal die Gelegenheit für ein Tänzchen nutzen. Genauer soll es ein Kurs im Lindy Hop sein. «Tanzen ist grossartig, weil es alle Bevölkerungsschichten anspricht und allen offensteht», sagt sie. Auch deswegen sei es so wichtig, dass in der Stadt Zürich der Tanz gefördert werde. «In diesem Jahr werden die ersten Studentinnen und Studenten der Fachrichtung zeitgenössischer Tanz an der ZHDK ihre dreijährige Ausbildung abschliessen. Im Zürcher Tanzhaus haben sie die Möglichkeit, ihren Beruf auch auszuüben.»
Der Tanz ums Tanzhaus
Damit spricht Mauch die Abstimmungen vom 21. Mai an, bei denen die Zürcher Stimmberechtigten über einen jährlichen Beitrag von gut 1,8 Millionen Franken für das Tanzhaus entscheiden werden. Der Betrag setzt sich aus einem Betriebsbeitrag von 870'000 Franken und dem Erlass der gestiegenen Miete von 950'000 Franken zusammen, denn das Tanzhaus muss derzeit nach einem Brand neu gebaut werden. Der Gemeinderat hat dafür im März 2016 einen Kredit von 15 Millionen Franken bewilligt.
Die SVP ist gegen die Vorlage. Die Förderung des Tanzschaffens ist aus ihrer Sicht nicht Aufgabe der Stadt. «Ich bin ein Verfechter davon, dass das Gemeinwesen nur Kosten übernimmt, die Private nicht erbringen können», sagt SVP-Gemeinderat Roger Liebi. Seines Erachtens ist die finanzielle Unterstützung des Tanzhauses nicht nötig. «Ich habe null Verständnis dafür, dass der Staat dafür Geld ausgibt.»
«Ausgaben für die Kultur sind Investitionen in die Lebensqualität der Stadt.»
Mauch sieht das anders. «Ausgaben für die Kultur sind Investitionen in die Lebensqualität der Stadt.» Wenn Zürich eine Kulturstadt mit qualitativ hochstehendem Angebot bleiben wolle, sei eine finanzielle Unterstützung von kleineren Institutionen unumgänglich, sagt die Stadtpräsidentin und betont dabei die Wichtigkeit der Kultur für den Wirtschaftsstandort Zürich. Vertreter grosser Firmen wie beispielsweise Google würden ihr gegenüber immer wieder das vielfältige Kulturangebot der Stadt loben. «Es ist mit ein Grund, weshalb sie sich für Zürich entschieden haben.»
Lindy Hop wickelt alle um den Finger
Wenn Mauch also an «Zürich tanzt» das Tanzbein schwingt, dann rührt sie damit auch die Werbetrommel für die Abstimmungen. Und das sowohl auf dem einen wie dem anderen Parkett mit viel Verve. Wie sich nämlich am Lindy-Hop-Kurs herausstellt, hat die Stadtpräsidentin beim Tanzen noch immer den Dreh raus. Sie beherrscht die Schrittfolgen im Nu und wippt zusammen mit den anderen rund 80 Kursteilnehmern beschwingt über die Tanzfläche.
Eine Stunde dauert der Kurs. Minütlich steigt die Stimmung im Saal. Es wird gelacht, geklatscht und auch tüchtig geschwitzt. Die Freude ist aber grösser als die Anstrengung. Am Ende der Lektion hat Lindy Hop alle um den Finger gewickelt. Auch die Stadtpräsidentin. «Dieser Tanz macht wahnsinnig viel Spass», sagt sie etwas ausser Atem. «Tanzen generell! Zu schade, dass ich kaum mehr Zeit dazu habe.»
Wer Zeit und Lust auf Tanzen hat: «Zürich tanzt» dauert noch bis heute Sonntagabend an. Weitere Informationen finden sie unter: www.zuerichtanzt.ch
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