Tambellini und der letzte Aufstieg
Kolumne Werner Schweizer Wir nehmen immer wieder zur Kenntnis, dass sich Talent im Eishockey vererbt. Manchmal haben die Söhne mehr Erfolg als die Väter, oft wurde der Ruhm des Vaters auch zur Hypothek. Die Namen Piller, Meier, Jeannin, Lemm, Bärtschi, Wick, Hollenstein, aber auch Bykow, Krutow und Gardner sind die besten Beispiele für doppelte Schweizer Karrieren. Mit der angekündigten Verpflichtung von Jeff Tambellini haben die ZSC Lions ein weiteres Kapitel eröffnet. Die Familiensaga geht hier bereits in die dritte Generation. Grossvater Addie Tambellini, ein gefürchteter Stürmer, wurde vor 50 Jahren in Genf mit der kanadischen Amateurauswahl der Trail Smoke Eaters Weltmeister. Der Minenarbeiter aus British Columbia setzte danach sein europäisches Abenteuer in Österreich fort. In der Schweiz galt zu dieser Zeit eine Ausländersperre. Sohn Steve hatte eine beeindruckende NHL-Bilanz mit zwei Stanley-Cup-Siegen bei den New York Islanders zu Beginn der 80er-Jahre. Im ZSC wollte der Center 1988 die Karriere ausklingen lassen und landete in einer der turbulentesten Saisons des Zürcher Klubs. Tambellini nahm die Sitten und Gebräuche, die im ZSC und der Nationalliga B herrschten, mit dem höflichen Erstaunen eines Forschers aus einer anderen Welt zur Kenntnis. Die Mannschaft mit einem neuen Trainer (Timo Lahtinen), den neuen Ausländern (Ron Wilson und Tambellini) und einer siebenköpfigen Dübendorfer Fraktion taumelte im Herbst und gewann als Aufstiegsfavorit kein Auswärtsspiel. Erster Tiefpunkt war das 4:8 in Bülach gegen den späteren Absteiger. Viel Münz der empörten ZSC-Fans flog aufs Eis. Kein Behälter im Stadion war vor Tritten sicher.TK-Chef Peter Meier, ein ZSC-Meister von 1961, versuchte, Lahtinen wenigstens bis zur Weihnachtspause zu halten. Doch das 3:6 in Uzwil war die Niederlage zu viel. ZSC-Präsident Pepe Wiss, der damals auch Verlagsleiter des Hauses Tages-Anzeiger war, hatte dem Team vor diesem Schlüsselspiel einheizen wollen, die Garderobe in der alten Halle aber nicht gefunden. Noch vor dem Jahreswechsel entledigte man sich des im Team überaus unbeliebten Captains Wilson. Der HCD übernahm ihn auf seinem Weg in die untere Liga als Trainer, entliess ihn allerdings schon wenige Wochen danach.Der ZSC setzte mit dem polnischen Doppelpack Henryk Gruth-Jerzy Christ neue Akzente. Als Notnagel an der Bande sprang Spieleragent Neil Nicholson ein. Er bewältigte die Krise nach alter Väter Sitte. Nach einem 0:8 in Rapperswil stoppte er den Teambus vor einem Restaurant und besorgte eigenhändig ein paar Harassen Bier. Diese Sprache verstanden alle gerne. Jedenfalls erreichte der ZSC mit Mühe und Not die Aufstiegsrunde, schaffte danach die Promotion aber triumphal. Die Festivitäten wollten kein Ende nehmen. Meiers Sohn Roger, der zum Topskorer geworden war, legte bei der Aufstiegsfeier im Mascotte auf. Gentleman Tambellini, der nicht genug Tore für eine Vertragsverlängerung geschossen hatte, hinkte mit Gipsfuss auf die Bühne und hauchte: «Thank you ZSC, thank you Zurich.»Wer solche Jahre relativ schadlos übersteht, dem winkt eine glänzende Zukunft: Der ZSC etablierte sich in der obersten Liga. Roger Meier gewann danach mit Kloten Titel in Serie. Tambellini tourte wie Vater Addie durch Österreich und durchlief dann bei den Vancouver Canucks alle Funktionärsstufen. Heute ist er General Manager der Edmonton Oilers, damit der Chef von Ralph Krueger und eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der NHL.Er hat seinem Sohn einiges über den alten ZSC zu erzählen. ZSC-Präsident Wiss wollte der Mannschaft einheizen, fand die Kabine aber nicht.
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