Wie lange darf ein Schulweg dauern?
Erstklässlern ist es zuzumuten, mit dem Bus zur Schule zu fahren – aber nicht unter allen Umständen. Deshalb muss die Stadt Dübendorf den Kindern aus Stettbach über Mittag ein Taxi bezahlen.
Von Liliane Minor Zürich – Der Schulweg ist eines der leidigen Themen, die zwischen Eltern und Schulpflege immer wieder zu Konflikten und Gerichtsverfahren führen. Jetzt hat das Verwaltungsgericht in einem weiteren Fall entschieden und kam zum Schluss: Grundsätzlich ist es auch Erstklässlern zuzumuten, einen Teil der Strecke mit dem öffentlichen Bus zurückzulegen. Aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Konkret ging es um die Kinder, die im Dübendorfer Ortsteil Stettbach wohnen. Bis zum Sommer 2010 fuhr ein Schulbus zwischen Stettbach und dem Primarschulhaus Högler. Dann stellte die Gemeinde den Schulbusbetrieb ein. Begründung: Der Schulbus werde anderswo gebraucht, und der Bahnhof Stettbach sei nach dem Umbau auch für die kleinsten Schülerinnen und Schüler gefahrlos benutzbar. Die Eltern wehrten sich, erst bei der Primarschulpflege, dann beim Bezirksrat. Unter anderem argumentierten sie, der Bahnhof Stettbach sei für die Kinder zu gefährlich und die knapp zweistündige Mittagspause sei zu kurz, um mit dem Bus nach Hause und wieder in die Schule zu fahren. Zweimal blitzten sie ab. Nun hat ihnen das Verwaltungsgericht teilweise recht gegeben. Im Urteil definiert das Gericht klar, unter welchen Umständen eine Busfahrt auch für Erstklässler zumutbar ist: Die Kinder haben die Gewissheit, dass sie im richtigen Bus sitzen, wenn sie am richtigen Ort einsteigen. Das sei in Stettbach der Fall, urteilt das Gericht, weil der Bus immer in derselben Haltebucht abfahre. Der Busfahrplan ist auf die Schulzeiten abgestimmt, und die Kinder müssen nicht umsteigen. Das ist hier erfüllt. Der Schulweg wird insgesamt nicht zu lang. Für die Kinder aus Stettbach dauert der Schulweg höchstens 40 Minuten. Das sei zumutbar, so das Gericht. Über Mittag steht genügend Zeit zur Verfügung. Genau das ist in Dübendorf aber nicht der Fall. Wartezeiten und ein wenig Pufferzeit eingerechnet, wären die Kinder gemäss den Berechnungen des Gerichts über Mittag gerade mal 12 bis 16 Minuten daheim, «was eindeutig zu kurz ist». Zwar dürfe der Schulweg auch zur Mittagspause gezählt werden, so das Gericht, aber nur, wenn dieser Weg entspannend sei. Die Stadt müsse deshalb, so das Gericht, einen Transport in der Mittagspause organisieren, nicht aber morgens und abends. Velo statt Bus Die Stadt akzeptiert das Urteil. Sie offeriert nun den Eltern der vier betroffenen Erstklässler zwei Möglichkeiten. Ab den Skiferien werden die Kinder entweder über Mittag auf Kosten der Schule mit dem Taxi nach Hause chauffiert, oder sie dürfen den Mittagstisch zum halben Preis, für 10 Franken, besuchen. Auch die Eltern verzichten auf einen Weiterzug, obwohl sie nicht ganz zufrieden sind. «Der wichtigste Punkt wurde zu unseren Gunsten entschieden», sagt Julia Fischer, die Mutter, die stellvertretend für alle anderen bis vor Verwaltungsgericht ging. «Wir halten den Schulweg per Bus aber nach wie vor für zu gefährlich.» Nun haben sich die Eltern anders organisiert: Die Kleinen fahren morgens zusammen mit den Grösseren aus Stettbach über Feldwege mit dem Velo in die Schule und abends wieder heim. Über Mittag lassen sie das Velo stehen und nehmen das Taxi. Kinder in Opfikon auf dem Schulweg. Foto: Chris Wittwer (Keystone)
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