Zürifilme mit wenig Geld
Diese Woche starten der «Strangers» und «Tranquillo», zwei Filme aus Zürich. Geht gutes Kino auch günstig?

Ein Film noir aus Zürich? Das klingt interessant. «Strangers» heisst der Film und dreht sich um Tamás (Nicolas Batthyany). Der Ungar lebt im Niederdörfli und verdient sein Geld, indem er als Ghostwriter Uni-Papers schreibt. Er lernt die Assistenzärztin Norika (Jeanne Devos) kennen, mag aber auch deren Schwester, die Philosophiestudentin Annika (Marina Guerrini). Als die Frauen herausfinden, dass er mit beiden gleichzeitig ausgeht, wirds kompliziert – und plötzlich wird Tamás von der Polizei vorgeladen: Norika ist verschwunden, und er steht unter Verdacht.
«Strangers» entstand über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg als unabhängige Produktion, das Filmteam musste mit wenig Mitteln auskommen. Dafür sei aber auch der Zwang weggefallen, mit einem festen Drehbuch zu arbeiten, erklärt Regisseur Lorenz Suter. «Strangers» ist der erste Spielfilm des Zürchers, der an der ZHDK studiert hat und im Medienbereich arbeitet, zum Beispiel als Autor für Werbefilme und das SRF. Für seinen Kurzfilm «Der ewige Tourist» wurde er 2011 mit dem Cadrage-Preis ausgezeichnet, mit der für ihren Kurzfilm «Parvaneh» (2012) oscarnominierten Talkhon Hamzavi arbeitete Suter als Stoffentwickler ihres nächsten Projekts.
Video – «Strangers» (Trailer)
Wohin sich der Plot und die Figuren entwickeln, wusste am Anfang noch keiner. Das merkt man leider: «Strangers» hat alle Zutaten für ein Krimi-Mystery, aber die Handlung ist unausgegoren, die Auflösung des Rätsels enttäuscht. Auch sonst gelingt die Hommage an den Film noir kaum: Die Ménage à trois bleibt eine saftlose Angelegenheit, und was ein Spiel mit Genrekonventionen sein soll, erweist sich als Herunterspulen von Klischees – besonders Tamás' einfallsloser Voiceover geht einem bald auf die Nerven. Zumindest freut sich der innere Lokalpatriot: Schau, der Neumarkt! Oh, das Arthouse Movie!
Lebensnahe Dialoge
Von den Altbauten im Niederdörfli zu den Wohnblöcken in Aussersihl, wo die vier Türme der Hardau alles überragen. «Tranquillo» begann als Idee einiger Studierender. Jonathan Jäggi und sein Team setzten sich in den Kopf, einen eigenen Film zu drehen, obwohl sie zuvor nicht einmal einen Kurzfilm gemacht hatten. Öffentliche Förderung gabs denn auch keine, die Produktion kam mit freiwilligen Helfern und Sponsoren über die Runden, bei der Postproduktion half das Migros-Kulturprozent aus.
Inspiriert von der wahren Geschichte eines Bekannten, erzählen sie von Peter (Tobias Bienz), einem Mittzwanziger, der als Partyveranstalter in Clubs arbeitet. Irgendwann wird es zu viel House und Techno: Peter entwickelt einen Tinnitus. Er wird von der Arbeit freigestellt, die Beziehung zur Freundin und zu den Kumpeln leidet. Tinnitus kann, wie Peter recherchiert, auch psychische Ursachen haben. Muss er sein Leben umkrempeln, um das Pfeifen loszuwerden?
Video – Tranquillo (Trailer)
Wie «Strangers», so folgt auch «Tranquillo» keiner klassischen Handlung. In diesem Fall macht das weniger aus, da «Tranquillo» kein Krimi sein, sondern Episoden aus dem Leben erzählen will. Wie der Tinnitus oder die Probleme der Mittzwanziger thematisiert werden, hat freilich oft etwas Lehrbuchhaftes – Jäggi und Co. haben ihre Geschichte zu wenig im Griff, als dass sie das grosse Porträt über die Generation Y oder das Schweizer Mumblecore-Wunder hinbekommen würden. Aber die Dialoge sind lebensnäher als bei «Strangers» – oder überhaupt bei den meisten hiesigen Produktionen.
Strangers Arthouse Uto, Do–Mi 16.15?/?20.40 Uhr, Sa 22.30 Uhr Nocturne mit dem Regisseur
Tranquillo Riffraff, Do–Mi 14.40/18/19.40/21.20 Uhr
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