Wie aus der Misere Träume werden
Das Xenix zeigt in der Reihe «Portugal Global» das portugiesische Filmwunder, das einiges mit der europäischen Austeritätspolitik zu tun hat.

Es war die Zeit, als täglich Wörter wie «Troika» und «Eurorettungsschirm» in der Zeitung standen. Die südlichen Länder Europas bekamen die Massnahmen nach der Eurokrise zu spüren. Vor allem Portugal, für das die EU 2011 ein Hilfspaket von 78 Milliarden «schnürte» (das musste man ja auch immer so sagen). Die Regierung sparte und geriet selbst in die Krise.
Für die Kulturschaffenden in Portugal gilt 2012 als das «Jahr null»: Der Staat zahlte keine Förderbeiträge für Filmproduktionen. Der Effekt war gegenteilig, das einheimische Kino begann zu wuchern. In seinem Dreiteiler «1001 noites» (2015) sammelte Miguel Gomes mit seinem Team Berichte von den Betroffenen der Sparpolitik und verschmolz sie mit orientalischen Fabeln. So wurden aus der Misere Träume.
Die portugiesische Filmszene lebt
Berühmt geworden war Gomes mit «Tabu» (2012), einer wundersamen Fantasie über Portugals koloniale Vergangenheit. Neben Gomes zählen João Pedro Rodrigues, Gabriel Abrantes oder Pedro Costa zur äusserst lebendigen portugiesischen Filmszene. Ihre Filme tauchen immer wieder an Festivals wie Berlin oder Locarno auf. Auch deshalb, weil ohne nennenswerte staatliche Unterstützung internationale Koproduktionen und Finanzierungen über Festival-Fonds immer wichtiger werden.
Was Gomes tut, tun viele andere im portugiesischen Kino: Sie dokumentieren reales Elend und überblenden oder durchkreuzen es mit Imaginationen. In «A fábrica de nada» (2017) von Pedro Pinho wehren sich Arbeiter gegen die Schliessung ihrer Liftfabrik, indem sie sich zur Selbstorganisation choreografieren (das dauert schön lang, fast drei Stunden).
Stilisiert erzählt Teresa Villaverde vom Kollaps des Gemeinsinns: Die Familie in «Colo» (2017) wird von Arbeits- und Ausweglosigkeit auseinandergetrieben. Hier ist es die Fiktion selbst, welche die Brutalität der Krise einfängt: Villaverde erzählt in Fragmenten, schiebt ihre Figuren an den Rand der Bilder – so, wie sie real aus der Gesellschaft gedrückt werden. Und doch bleibt bei Villaverde wie bei ihren Kollegen die Hoffnung eine Möglichkeit, denn das portugiesische Kino sucht den Widerstand durch das Imaginäre: Da gibt es nichts, was alternativlos wäre.
Mo 12. – Mi 28.11. Xenix Kanzleiarealwww.xenix.ch
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