«Angst ist mir fremd»
Auf ihrem neuen Album «Magic Life» bieten Bilderbuch aus Österreich eine bunte, überdrehte Version der Black Music. Der «Züritipp» hat zwei der Musiker zu Unsicherheit, Groove und dem Umgang mit deutscher Sprache befragt.

Wie hat es eine Gruppe Oberösterreicher geschafft, so unverschämt funky zu werden?
Michael Krammer: Dadurch, dass wir viel Zeit miteinander verbringen und viel spielen, sind wir wie von selbst auf einen gemeinsamen Groove gekommen. Ich würde aber nicht sagen, dass wir dadurch eine Funk-Band geworden sind. Erst als die neue Platte «Magic Life» fertig war, haben wir unsere Musik in diesen Kontext gestellt.
Funk ist heute häufig so etwas wie der Soundtrack zu politischem Widerstand. Beyoncé, Solange und D'Angelo sind dafür gute Beispiele. Was macht dieses Genre so brisant?
Maurice Ernst: Viele Radiomusik ist nicht nur computergeneriert, sie klingt auch so, als würde sie von Hunderten Instanzen geprüft, bevor sie beim Hörer landet. Funk und Soul haben hingegen eine Körperlichkeit, die vom Künstler ausgeht und darum nicht funktionieren kann, wenn sie hundertfach gefiltert wird. Dazu kommt ein Kokettieren mit fantastischen Utopien und positiven Einstellungen, aus denen sich der Zuhörer eine eigene Realität zusammensuchen kann.
Hat «Magic Life» eine politische Botschaft?
ME: Wir haben uns einfach Themen angenommen, die unsere Generation beschäftigen, die bei allem Selbstbewusstsein doch ein bisschen kaputt und unsicher ist. Um den Themenkomplex Statussymbole, Europa und Religion haben wir Popmusik gebaut, die für uns stimmen musste.
Welche politischen oder gesellschaftlichen Entwicklungen bereiten Ihnen als Endzwanziger am meisten Angst?
ME: Angst ist mir grundsätzlich fremd. Das Gefühl der Unsicherheit hingegen hat die Art und Weise geprägt, wie wir «Magic Life» angegangen sind. Wie bei den letzten Alben von Kanye West und Frank Ocean lassen wir die Musik regelmässig in sich zusammenfallen und hochsteigen, damit der Zuhörer immer wieder die Orientierung verliert.
Wie bringen Sie als Songtexter die doch eher steife deutsche Sprache dazu, groovig zu wirken?
ME: Es hilft sicher, dass ich beim Texten das Blatt vermeide und zuerst ans Mikrofon gehe. Dort suche ich mir geile Wörter oder Parolen zusammen, die mich selber begeistern, erst später mache ich den Text am Computer fertig. Bei allem Respekt für die deutsche Sprache darf man sie nicht zu ernst nehmen. Man muss sie verfremden und zerreissen, damit sie klingt.
Österreich bringt gerade sehr viel tolle Popmusik hervor. Liegt das an guter Förderung?
ME: Die Nähe zu Italien gibt den Österreichern ein besonderes Pathos: Man tritt als Mann viel freier auf, wenn man starke und doch zerbrechliche Figuren wie Adriano Celentano oder Lucio Battisti gehört hat. Und dann gibt es noch die klassische Musik, die das fette Geld abkriegt. Das provoziert in unseren Kreisen eine Protestreaktion, da man salopp gesagt seinen Mann stehen und sich durchboxen muss.
Sonntag, 20 Uhr, Xtra.
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