Zug betritt Neuland bei Besteuerung von Blockchain-Start-ups
Blockchain-Enthusiasten wollen von Zug aus die Welt verändern. An die Steuern haben viele bisher nicht gedacht.

Zug ist der Hotspot für Blockchain-Unternehmen. Aus der ganzen Welt siedeln sich hier Start-ups an, die mit der jungen Technologie neue Geschäftsmodelle entwickeln. Mit ein Grund für die Attraktivität sind das Fachwissen bei Behörden und die vergleichsweise weit gediehenen rechtlichen Grundlagen in der Schweiz.
Nun hat der im Blockchain-Geschäft führende Kanton Zug eine weitere Hürde genommen. Die Jungunternehmen sammeln meist im Internet Geld, um ihre Idee umsetzen zu können. Solche Finanzierungsrunden heissen Initial Coin Offering, kurz ICO. An Steuern haben die technikaffinen Geschäftsleute dabei bisher nicht gedacht und teilweise über 100 Millionen Franken gesammelt, ohne vorher die fiskalischen Folgen abzuklären. «Wir sind das erste Blockchain-Start-up, das den ICO gemeinsam mit den Behörden steuerlich geplant hat», sagt Gabriele Giancola, Co-Gründer und Geschäftsführer des jungen Unternehmens Qiibee. Das sei ihm sowohl vom Steuerberater wie von Behörden bestätigt worden.
Qibee hat eine Vereinbarung mit den Zuger Steuerbehörden abgeschlossen, auf die sich das Unternehmen verlassen kann. Das nennt sich Neudeutsch Ruling. Weil die Praxis fehlte, hat die Steuerverwaltung des Kantons Zug eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die in den vergangenen Monaten neue Grundlagen erarbeitet hat. Giancola ist überrascht, dass zuvor mehrere ICOs ohne Ruling stattgefunden haben: «Ohne Ruling hätte ich schlaflose Nächte gehabt.» Die Vereinbarung bringe hingegen seinem Unternehmen «Rechtssicherheit und ermöglicht eine zuverlässigere Planung».
Bei Kursanstieg mehr Steuern
Dominic Nazareno, Steuerfachmann beim Beratungsunternehmen Primetax, hat für Qiibee das Ruling ausgehandelt. Und so sieht es im Detail aus: Das Start-up hat in einer ersten Finanzierungsrunde von Weihnachten bis Ende Januar 3,2 Millionen Dollar gesammelt. In einer zweiten Runde im Sommer sollen weitere 28 Millionen hinzukommen. Die gesamte Summe ist Startkapital, das für die Umsetzung der Geschäftsidee vorgesehen ist. Weil das Geld für den Aufbau des Betriebs verwendet wird, muss Qiibee für diese Einnahmen keine Steuern bezahlen, so die Vereinbarung mit dem Kanton Zug.
Aus buchhalterischer Sicht wird auf den gesamten Betrag eine Rückstellung gebildet. Traditionelle Firmen bilden Rückstellungen, wenn grössere Ausgaben anstehen. Das kann zum Beispiel eine kostspielige Dachsanierung oder ein Prozessrisiko sein, dessen Folgen sich kaum vorhersagen lassen. Dabei wird auch eine Frist festgelegt. Kann das Unternehmen die Rückstellung bis zum vereinbarten Zeitpunkt nicht ausschöpfen, muss es den Restbetrag nachträglich doch noch als Gewinn versteuern. Die neue Praxis der ICOs wird auf diese Weise also im bisherigen Steuerrecht umgesetzt.
Auch im Fall von Qiibee steht noch nicht fest, ob der gesamte ICO am Ende steuerfrei abgeschlossen werden kann. Mit der Zuger Steuerverwaltung wurde eine Frist von fünf Jahren vereinbart, die sich verlängern lässt, sofern die Entwicklung länger andauert. Wenn die total 31,2 Millionen Dollar nicht vollumfänglich aufgebraucht sind und eine notwendige Weiterentwicklung nicht nachweisbar ist, muss Qiibee die verbleibende Rückstellung auflösen und darauf die Gewinnsteuer entrichten.
Noch aus einem weiteren Grund könnte eine happige Steuer fällig werden: Die Einnahmen aus dem ICO erfolgen in einer Kryptowährung. Diese Währungen verzeichneten in den vergangenen Jahren teilweise spektakuläre Kursanstiege. Falls dies auch hier zutrifft, müsste Qiibee den Wertzuwachs als Unternehmensgewinn versteuern, sollten diese Gewinne realisiert werden.
Eine böse Überraschung droht
Die grösste Herausforderung bei diesem Ruling war laut Steuerexperte Nazareno die Budgetierung. Damit die Steuerbehörde die Rückstellung akzeptierte, musste Qiibee die Kosten für den Firmenaufbau detailliert vorlegen. «Es ist schwierig, abzuschätzen, wie viele Stunden Aufwand ein Projekt in mehreren Jahren nach sich zieht oder wie aufwendig die Entwicklung einer komplexen Software letztlich wird.»
Nazareno sagt, dass Start-ups, die ein solches Ruling unterlassen, eine böse Überraschung erleben könnten: «Im schlimmsten Fall müssen sie im ersten Jahr einen Riesengewinn versteuern und können anschliessend nicht alle Entwicklungskosten geltend machen.» Philipp Moos, stellvertretender Leiter der Steuerverwaltung des Kantons Zug, bestätigt: «Es ist möglich, dass die Umsetzung ohne Ruling steuerlich nicht optimal läuft.» Bei gleichen Voraussetzungen würden jedoch im Grundsatz alle Finanzierungsrunden von Blockchain-Start-ups gleich behandelt.
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