Zur Ehe entführt
Maria Brendle hofft, eine Herzensangelegenheit zu verfilmen: Die Geschichte junger Frauen, die in Kirgistan dem Brautraub zum Opfer fallen.

Eine junge Frau läuft auf offener Strasse, drängt unaufhaltsam vorwärts. Sie dreht sich nicht mehr um, weiss, dass ihre Verfolger bald neben ihr sein werden. Eine Hand krallt sich in ihre Schultern. Ein Mann zieht sie mit einem Ruck zu sich, zwingt ihr einen Kuss auf die Wange – begleitet von den grölenden Rufen seiner Kollegen. Sie zerren sie in ein Auto. Die Frau weiss: Nun wird sie verschleppt und verheiratet – mit einem Mann, den sie nicht kennt.
NGO schätzen, dass in Kirgistan alle 30 Minuten eine Frau so oder ähnlich verschleppt wird. «Ala kachuu» nennt sich diese Tradition, was so viel bedeutet wie «pack sie und lauf weg». Und «Ala Kachuu – Take and Run» soll der neue Film von Maria Brendle heissen. Die 35-jährige Regisseurin, Drehbuchautorin und ehemaligen ZHDK-Studentin hörte vor drei Jahren das erste Mal von diesem Brauch. Ein Freund, der von einer Reise aus dem zentralasiatischen Land zurückgekehrt war, erzählte ihr, wie Männer ihm stolz ihre geraubten Frauen vorstellten: «Mich hat getroffen, dass ich noch nie etwas von dieser Tradition gehört habe», sagt Brendle.
Über zwei Jahre lang recherchiert die Regisseurin – trifft Kirgisinnen in Europa, hört sich die Schilderungen von Experten an, denkt über ein Filmprojekt nach, verwirft die Idee wieder, «zu teuer, zu weit weg». Doch der Brautraub lässt sie nicht los: So schreibt sie das Drehbuch für einen Spielfilm – eine fiktive Geschichte, die auf wahren Schicksalen kirgisischer Frauen basiert. «Die Geschichte soll Frauen Mut machen und ihnen zeigen, dass ihr Nein keine Schande für sie bedeutet.» So versucht Brendle, eine positive Hauptfigur zu zeigen, die für viele ein Vorbild sein könne.
Drehbeginn im Sommer
Das Drehbuch landet schliesslich bei der Zürcher Produktionsfirma Filmgerberei. Seither wird das Projekt konkreter: 2018 reist die Regisseurin das erste Mal nach Kirgistan, um Rollen zu casten und geeignete Drehorte zu suchen. Würde sie die passende Besetzung finden? Brendle konnte nicht in Filmabspannen nach Schauspielern suchen oder danach googeln. Als sie auf eine Castingagentur stösst, ist sie nicht sicher, ob deren Aufruf jemand folgt. Dann tauchen 160 Personen auf und warten Stunden, um vorzusprechen. Viele haben vom Brautraub betroffene Familienmitglieder.
Der Film ist zu rund 60 Prozent durch die Zürcher Filmstiftung und das Bundesamt für Kultur finanziert. Für die restlichen 55 000 Franken läuft ein Crowdfunding. Im Sommer will Brendle mit den Dreharbeiten beginnen. «Ich hoffe, dass ich so diesen geraubten Frauen eine Stimme geben und auf ihre Schicksale aufmerksam machen kann.» Werden die Dreharbeiten gefährlich? Das Land sei sehr gastfreundlich, sagt die Regisseurin und fügt lachend hinzu: «Einzig bei vergorener Stutenmilch bin ich künftig vorsichtiger.»
Weitere Informationen über das Filmprojekt: www.alakachuu.com
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