Zweiter Schweizer Banker im Visier der USA
Nach der Niederlage im Fall des UBS-Direktors Raoul Weil stellt die US-Justiz einen Kundenberater der aufgelösten Bank Frey vor Gericht. Dessen Verteidiger sieht dem Prozess gelassen entgegen.

Im Herbst 2014 erlitt das US-Justizministerium eine blamable Niederlage. Ein Geschworenengericht in Florida sprach den UBS-Topbanker Raoul Weil in allen Punkten frei – und brachte so den aussichtsreichsten Fall der US-Regierung in Sachen Steuerbetrug zu einem Ende. Ab kommender Woche steht mit Stefan Buck der zweite Schweizer Banker vor Gericht. Sein Verteidiger gibt sich gelassen: Die Klage gegen den früheren Kundenberater der Bank Frey könne mit einer simplen Strategie gekontert werden, meint Anwalt Marc Agnifilo. Schwach sei, dass die Regierung den Fall ausschliesslich auf amerikanische Steuerbetrüger und schuldige Schweizer Banker aufgebaut habe.
Stefan Buck stellte sich im vergangenen November freiwillig der Justiz. Er reiste in New York ein, wurde umgehend verhaftet und befindet sich seither in einer Kleinwohnung in Manhattan in Halbgefangenschaft. Die Behörden lockerten die Haftbedingungen und erlaubten ihm, in den USA zu reisen. «Stefan ist ein junger Mann. Er hat das Leben noch vor sich, er will eine Familie gründen und reisen», sagt sein Anwalt. «Deshalb hat er sich freiwillig gestellt. Er will seine Unschuld beweisen.»
Buck war 27 Jahre alt, als er bei der Bank Frey eine Stelle als Kundenberater antrat und auch US-Steuerpflichtige, die auf der Suche nach neuen Schlupflöchern waren, betreute. «Buck war das Gesicht, das die Amerikaner kannten. Aber es war nicht er, der Anlagevehikel konstruierte, um ihnen die Steuerflucht zu ermöglichen», sagt Agnifilo. «Diese Vehikel hat E.P. geschaffen.» Steueranwalt P. bekannte sich bereits 2013 der Beihilfe zum Steuerbetrug schuldig, tritt nun aber vor Gericht gegen seinen früheren Partner Buck auf.
Der Verteidiger erwartet, dass die Justiz P. als wichtigsten Zeugen einsetzen will. Diese Strategie sei höchst problematisch. «Neben P. sind auch alle anderen Zeugen der Anklage US-Steuerflüchtige oder Banker, die sich schuldig bekannten, mit der Justiz kooperierten und dafür eine Strafminderung erwarten.»
Ein kritischer Richter
Die Ausgangslage erinnert an den Fall von Raoul Weil, gegen den auch frühere UBS-Mitarbeiter aussagten, die bei den Geschworenen aber als unzuverlässige, befangene Zeugen schlecht ankamen. Diese Erfahrung ist ein Grund, weshalb Buck einen Geschworenenprozess verlangt hat. «Es wirkt doch eigenartig, wenn alle Zeugen selber Täter sind. Sie sagen alles, um die eigenen Probleme aus der Welt zu schaffen», so Agnifilo.
Buck will seinerseits ehemalige Kollegen der Bank Frey als Entlastungszeugen aufbieten. Zusätzlich will er dem Gericht Dokumente der Finanzmarktaufsicht Finma präsentieren, die zeigen sollen, dass gewöhnliche Kundenberater wie er nach Schweizer Recht korrekt handelten. «Unsere Strategie ist einfach. Wir argumentieren, dass das traditionelle Bankgeschäft nicht illegal war», sagt Agnifilo. «Stefan Buck hat sich an die Modalitäten gehalten, wie sie seit den 1930er-Jahren gegolten haben.» Hätte er hingegen wie P. Scheinfirmen und -stiftungen errichtet und zur Tarnung sogar Juwelen statt Bargeld in die USA geschickt, so hätte er sich schuldig gemacht. «Doch dies war nicht der Fall; und das ist der entscheidende Unterschied zum Steuerbetrug», sagt sein Anwalt.
Verhandelt wird der Fall ab Montag vor Richter Jed Rakoff. Dieser hat sich einen Namen als Kritiker der wohlfeilen Geldstrafen für die Banken gemacht und betreute seinerzeit auch das Dossier der Bank Wegelin, mit der die Bank Frey enge personelle und geschäftliche Verbindungen unterhalten hatte. Anwalt Agnifilo sieht den Richter als gute Wahl. «Rakoff ist der perfekte Mann für diesen Fall. Er ist sehr erfahren und kennt die Besonderheiten des Schweizer Bankengeschäfts bestens.»
Auffangbecken für UBS-Kunden
Die US-Regierung wirft dem Duo E.P./Stefan Buck vor, Dutzende von Scheinfirmen in Liechtenstein, Panama und auf den Virgin Islands eröffnet zu haben. Beide hätten jahrelang Vermögenswerte von US-Kunden versteckt und diese unter anderem in Form von Kunstwerken und Schmuckstücken in die USA zurückverschoben. Die Bank Frey diente gemäss Anklage – exakt wie Wegelin – als Auffangbecken für jene Amerikaner, deren Konten nach dem Platzen des UBS-Skandals bei anderen Banken geschlossen worden waren.
Laut dem früheren Staatsanwalt Preet Bharara war der Abfluss der Schwarzgelder zur Bank Frey erheblich. Zwischen 2009 und 2012 steigerte sie die Vermögenswerte der US-Kunden um 300 Prozent. Frey verwaltete auf dem Höhepunkt fast 2 Milliarden Franken, davon gehörten 882,5 Millionen (44 Prozent) US-Steuerflüchtlingen.
Wiederholt hätten E.P., der für die Kanzlei Niederer Kraft & Frey arbeitete, und Stefan Buck den Kunden weisgemacht, die Bank Frey unterstehe nicht den US-Gesetzen und sei vor dem Zugriff der Justiz sicher.
Ein Kunde sprang ab
Vermutlich spielte einer ihrer US-Kunden eine wesentliche Rolle beim Aufdecken des Falles. Dieser Kunde in Florida hatte ein von einer Schweizer Bank verwaltetes Schwarzgeldkonto geerbt. Nach dem UBS-Skandal löste die Bank diese Beziehung auf, worauf sich Stefan Buck gemäss der Klageschrift anerbot, das Konto von 3,57 Millionen Dollar zu übernehmen. Der Kunde wollte aber von der Teilamnestie der USA Gebrauch machen, wovon ihm Buck abgeraten haben soll. Der Kunde aber entschied sich anders und zeigte sich selber an. Dies erlaubte der US-Justiz, ihn zur Herausgabe sämtlicher Bankunterlagen zu zwingen und Auskunft über die Praxis der Bank Frey zu verlangen.
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