Zwillings-Drama: Schwere Vorwürfe gegen Polizei
Die Entführung der Zwillinge Livia und Alessia wird immer mysteriöser. Und ein Verwandter klagt über die Arbeit der Waadtländer Polizei.
Von den vermissten Zwillingsmädchen aus St-Sulpice (VD) fehlt immer noch jede Spur, obwohl in der Schweiz, in Frankreich und in Italien intensiv nach ihnen gesucht wird. Allein in Italien sollen über 100 Polizisten im Einsatz sein. Die Suche nach Livia und Alessia ist aber auch in der Region rund um den Genfersee verstärkt worden. Der Entführungsfall ist noch mysteriöser geworden, weil es entgegen einer früheren Information keine Hinweise gibt, dass die beiden sechsjährigen Mädchen mit ihrem Vater in Marseille gesehen worden waren. Dort hatte der Mann, der sich schliesslich in Italien umbringen sollte, drei Fahrkarten für die Fähre nach Korsika gekauft.
«Sie waren nicht in Frankreich – und schon gar nicht in Italien», sagt Roberto Mestichelli, Rechtsanwalt und Cousin der Mutter, im Gespräch mit der Westschweizer Zeitung «Le Matin». Mestichelli, der in Ascoli Piceno (I) lebt, glaubt, dass Alessia und Livia die Schweiz nicht verlassen haben. Er äussert Angst, aber auch Hoffnung. Dies sind auch die Gefühle der Mutter. Mestichelli sagt, dass der Vater M.S. vielleicht jemanden bezahlt habe, damit er auf die Kinder aufpasse. M.S. sei ein rationaler und ruhiger Mensch, erklärt Mestichelli weiter. Er glaube nicht, dass M.S. seinen Kindern, die er sehr geliebt habe, etwas angetan habe. Gemäss «Le Matin» wurden die beiden Zwillinge am frühen Nachmittag des 30. Januar letztmals gesehen. Sie sollen in einem Park in St-Sulpice gespielt haben, in der Nähe der Wohnung des Vaters.
«Man hätte gleich Alarm schlagen sollen»
Gemäss einem «Blick»-Bericht richtet Roberto Mestichelli schwere Vorwürfe gegen die Waadtländer Polizei. Die Öffentlichkeitsfahndung sei zu spät eingeleitet worden. «Man hätte gleich Alarm schlagen sollen. Die Kinder ohne Spur zu finden, ist fast unmöglich.» Ein Polizeisprecher erklärte den verzögerten Zeugenaufruf folgendermassen: Es lagen keine Hinweise vor, «dass die Mädchen in Gefahr sind.» Beim letzten Telefongespräch mit der Mutter soll der Vater gesagt haben, dass er die beiden Mädchen nach dem gemeinsamen Wochenende nicht nach Hause, sondern direkt zur Schule bringen wolle.
Der 43-jährige M.S. reiste am Donnerstag, 3. Februar, nach Cerignola in der Nähe der süditalienischen Stadt Bari. Dort warf er sich vor einen Zug. Laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA gibt es keine Beweise, dass sich die beiden Mädchen überhaupt in Italien befinden. Am Mittwoch hatte die Mutter eine in Marseille abgeschickte Postkarte erhalten. «Ich kann nicht mehr ohne dich leben. Ich werde das jetzt beenden», schrieb M.S., der als Ingenieur arbeitete. Die erste Medienmitteilung zum Fall veröffentlichte die Waadtländer Polizei am Freitag, 4. Februar.
Polizei weitet Suche in Italien aus
Laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA gibt es keine Beweise, dass sich die beiden Mädchen überhaupt in Italien befinden. Trotzdem: In der süditalienischen Region Apulien wird weiterhin fieberhaft nach den beiden vermissten Schweizer Zwillingsmädchen aus dem Kanton Waadt gesucht. Die Suchaktion weitete sich am Dienstag auf die Gegend rund um die Autobahn aus, die zur Kleinstadt Cerignola führt. Hundeeinheiten und Hubschrauber waren am Dienstagvormittag bei der Suchaktion im Einsatz, wie die Nachrichtenagentur SDA berichtet.
Warum es zum Drama kam, ist noch nicht klar. Bekannt ist lediglich, dass die Eltern der Zwillinge seit geraumer Zeit voneinander getrennt waren. Die Mädchen lebten bei der Mutter in St-Sulpice bei Lausanne. Der Vater wohnte im gleichen Dorf und nahm sein Besuchsrecht jeweils am Wochenende wahr.
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