Motorradmesse in MailandZwischen Tradition und Aufbruch
Aktuell zeigen Zweiradhersteller aus aller Welt ihre Neuheiten auf der EICMA in Mailand. Fünf neue Motorräder stehen stellvertretend für gleich mehrere der grossen Trends der Show.
Die 78. Auflage der Zweiradmesse EICMA in Mailand war mit über 800 Marken aus 36 Ländern zwar deutlich bescheidener als in den Vorjahren besetzt, doch die Zahl der Premieren ist nichtsdestotrotz gross. Wir haben exemplarisch fünf Neuheiten aus diesem Pool herausgegriffen, die zugleich das Flair und einige Trends der italienischen Traditionsmesse wie auch die seit Jahren erlebbare Spannung zwischen Tradition und Aufbruch in eine neue Zukunft des Motorradbaus repräsentieren.
Moto Guzzi V100 Mandello
Wie keine andere Marke steht Moto Guzzi für die Tradition und Innovationskraft der italienischen Motorradindustrie. Dieses Jahr feiert Moto Guzzi stolz seinen 100. Geburtstag, der zum Jahresende mit der Präsentation der neuen V100 Mandello auf der am Sonntag zu Ende gegangenen EICMA gekrönt wurde. Die V100 verkörpert technisch viele historische Werte der Marke und steht zugleich für ein zukunftsfähiges Fundament. Wie seit Jahrzehnten wird auch die V100 von einem quer liegenden V2 angetrieben, der jedoch völlig neu konstruiert wurde und erstmalig eine Flüssigkühlung sowie 85 kW / 115 PS bietet. Moderne Regelelektronik, digitales Cockpit und feine Fahrwerkskomponenten gehören selbstverständlich auch dazu. Voraussichtlich im Sommer 2022 soll die einerseits klassische wie anderseits topmoderne Guzzi auf Europas Strassen durchstarten.
Kawasaki Z650RS
Bereits einige Monate früher wird die neue Z650RS von Kawasaki zu den Händlern rollen. Bei dem neuen Naked Bike handelt es sich um ein schlichtes und zugleich doch schönes Retromodell, das zeitgemässe Technik mit viel 70er-Jahre-Flair in Einklang bringt. Keine Hightech-Superlativen, keine Aggro-Allüren, kein Auto-Komfort. Motorradfahren in seiner klassischsten Form verspricht die 50 kW / 68 PS starke und vermutlich ab 9000 Franken erhältliche 650er. Und das in einer Zeit, wo Kawasaki wie kein anderer Motorradhersteller den Aufbruch in das elektrische Antriebszeitalter propagiert. Die Japaner wollen allein bis 2025 zehn elektrische oder hybridisierte Modelle auf den Markt bringen. Drei sind bereits für nächstes Jahr geplant.
Verge TS
Den Aufbruch in das Elektrozeitalter haben in den vergangenen Jahren vornehmlich Start-ups gewagt. Allerdings sind viele der hoffnungsvoll gestarteten Projekte jäh gescheitert. Umso erfreulicher ist es, wenn, wie im Fall der finnischen Zweiradschmiede Verge, einer dieser Newcomer einen längeren Atem beweist und auf der EICMA die finale Serienversion seiner TS zeigte. Und wie kaum ein anderes Elektromotorrad weckt dieses Modell Lust auf E-Mobilität. Dafür sorgt unter anderem das extravagante Design, das vor allem der ringförmig im speichen- und nabenlosen Hinterrad integrierte E-Antrieb mit 80 kW / 107 PS sowie 1000 Newtonmeter Drehmoment prägt. Der Sprint auf 100 km/h gelingt so in weniger als vier Sekunden. Im Autobahnbetrieb erlaubt die immerhin 20 kWh grosse Batterie 200 Kilometer Reichweite. Dank Schnellladetechnik soll das Aufladen in 40 Minuten möglich sein. Die 2022 verfügbare TS kostet vor Steuern 25’000 Euro, für Schweizer Kunden kommen also noch 1925 Euro Mehrwertsteuer dazu. Also wird die TS um die 30’000 Franken kosten.
Niu RQi
In mehrfacher Hinsicht den Aufbruch in das neue Zweiradzeitalter repräsentiert der Einsteiger-Stromer Niu RQi. Er steht stellvertretend für die mittlerweile massive Präsenz chinesischer Hersteller, die mit schicken wie technisch anspruchsvollen Motorrädern die EICMA auch dieses Jahr regelrecht fluteten. Und dann steht Niu für einen Hersteller, der bereits seit Jahren mit bezahlbaren elektrischen Zweirädern erfolgreich ist. Bislang wurden von Niu jedoch nur Roller angeboten. Mit der RQi wagt sich das Unternehmen erstmals auch in die Welt der Motorräder. Zwar bietet das erste Niu-Bike mit 7,5 kW / 10 PS, 100 km/h Höchstgeschwindigkeit und bis zu 120 Kilometer Reichweite keine Superlativen, doch ist es dafür mit einem Preis von rund 7000 Euro durchaus massentauglich.
Bimota KB 4
Das Gegenteil von massentauglich ist die neue Bimota KB 4, die auf der EICMA in einer verkleideten sowie der nackten Version RC Premiere feierte. Seit Jahrzehnten steht die immer mal wieder strauchelnde Marke für diese besonderen italienischen Momente und eine ganz besondere Faszination im Motorradbau. Fast jeder Biker mit Herz wird sich irgendwann einmal im Leben auch in ein Modell von Bimota verliebt haben. Doch nur sehr wenige haben sich eine dieser exklusiven Diven gegönnt. Das wird auch im Fall der neuen KB 4 so bleiben, die mit 104 kW / 142 PS starkem Kawasaki-Motor, faszinierender Optik und vielen hochwertigen und exklusiven Komponenten einen grossen Will-haben-Faktor bietet, doch mit einem Preis von deutlich über 30’000 Franken den Kreis potenzieller Käufer ganz nach Bimota-Tradition klein halten wird.
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